Worlds Collide – Maxime Giroux‘ «Félix et Meira»

Säkular trifft religiös: der nicht gläubige Frankokanadier Félix interessiert sich für die chassidische Ehefrau Meira, die in einer unglücklichen Ehe lebt und nur dann ihre Soul-Platte hören kann, wenn sie allein mit ihrem Kind ist.

Mile End, Montréal. Félix (Martin Dubreuil) lebt so in den Tag hinein. Sein Vater ist schwerkrank. Nach dessen Tod fragt er die chassidische Mutter Meira (Hadas Yaron, «Fill the Void»), ob sie ihm – als religiöse Frau – etwas über den Tod sagen könne. Sehr angetan von Meira und ihrem Kind, schenkt Félix ihnen ein selber gemaltes Katzenbild. Doch Meira darf eigentlich nicht mit ihm reden und auch die Annahme eines Geschenkes ist natürlich verboten. Sie freut sich aber und zeigt ihrem kleinen Töchterchen das Bild auf der Toilette…

Félix und Meira (Bild: zVg)

Félix und Meira (Bild: zVg)

Im Westen erleben viele (in einigen Ländern wohl die meisten Menschen) säkulare Zeiten, in denen Religion höchstens noch als Privatsache eine Rolle spielt – wenn überhaupt. So auch Félix. Seine erste Kontaktaufnahme zu Meira ist denn auch Teil einer Sinnsuche nach dem Tod seines Vaters. Wahrscheinlich steht Félix für viele Menschen, die Sinn suchen, in einer Welt, in der frühere Gewissheiten scheinbar keinen Platz haben. Doch bezeichnenderweise ist schon dieses erste Ansprechen eigentlich verboten – die chassidischen Juden im Film stehen denn hier sicherlich auch für viele Gemeinschaften, die sich von der Mehrheitsgesellschaft abgenabelt haben.

Félix‘ Vater selbst besass koscheren Wein. Vermutlich hat also auch Félix selber jüdische Wurzeln – obwohl der Nachname St. François zugegebenermassen in eine andere Richtung deutet, aber die Wurzeln des Christentums liegen ja ebenfalls im Judentum. So erhält seine Suche denn auch noch einen weiteren Sinn: die Suche nach den eigenen Wurzeln, die mit dem Tod seines Vaters auch teilweise verschwunden sind. Der Film zeigt aber auch, wie sehr sich die Mehrheitsgesellschaft eben von der Religion abgenabelt hat – was im Grunde genommen auch dazu führt, dass sich die Fronten allgemein verhärten. Deshalb ist es leider auch logisch, dass im Konflikt zwischen West und Ost, zwischen Nord und Süd immer mehr eine pervertierte Form der Religion Angst und Schrecken verbreitet – nicht nur im Bataclan, sondern auch in Nigeria und dem Nahen Osten. Dies wiederum zeigt, dass es eben nicht nur ein Konflikt zwischen den Kulturen, nicht nur ein (neo)kolonialer Konflikt, sondern auch ein innerer Konflikt des Südens und Ostens ist – wie auch ein innerer Konflikt des Westens und Nordens. Nur wenn es gelingt, diese Schizophrenie hüben wie drüben zu besänftigen, nur dann ist ein Ausweg, eine friedlichere Welt möglich. Félix will diesen Konflikt selbst lösen – und der Film lässt es letztlich wohl offen, ob ihm dies gelingt.

«Félix et Meira». Kanada 2014. Regie: Maxime Giroux. Mit Martin Dubreuil, Hadas Yaron, Luzer Twersky, Anne-Élisabeth Bosse, Benoît Girard, Josh Dolgin, Melissa Weisz u.a.  Deutschschweizer Kinostart am 19. November 2015.

Einige Gedanken zu “Worlds Collide – Maxime Giroux‘ «Félix et Meira»

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