Weisser Mann, was nun? – S. Craig Zahlers «Brawl in Cell Block 99»

S. Craig Zahler legt einen knallharten Gefängnisfilm vor – anfangs ganz ohne Gefängnis. Denn der Weg in den Cell Block 99 ist nicht leicht… Eine starke Hommage an den Genrefilm der 70er Jahre. Starke schauspielerische Leistungen, toll inszeniert, mit eigenes komponierten Retro-Soul-Stücken. Are you strong enough? Schweizer Premiere – ungeschnitten!

Bradley (Vince Vaughn) ist ein harter Junge. Doch jetzt will er auf etwas anderes fokussieren: seine Frau (Jennifer Carpenter) und ihr noch ungeborenes Kind, liebevoll Koala genannt. Doch leichter gesagt als getan: Bradley kann dem Ruf des Geldes nicht widerstehen und wird bei einem missglückten Coup geschnappt. Seine Odyssee durch das «House of Pain» – die fragwürdige Institution namens Gefängnis – beginnt…

It’s strong. Are you? Vince Vaughn brilliert in S. Craig Zahlers knallhartem Gefängnisfilm.  (Bild: zVg)

Vince Vaughn ist sicherlich nicht als sonderlich wandlungsfähiger Schauspieler bekannt. Immer wieder spielt er humorige, oft düster-humorige Figuren, wie in Gus Van Sants «Psycho» oder «Clay Pigeons». In letzter Zeit war er wohl eher auf anspruchslose Komödien abonniert. Aber spätestens mit «Brawl in Cell Block 99» wird klar, dass Vaughn viel mehr kann – Spuren des düsteren Humors sind zwar immer noch da, doch sein Bradley ist viel mehr als das. Das spricht für Vaughn, aber natürlich auch für Regisseur und Drehbuchautor S. Craig Zahler, der zudem einen Teil der Musik zum Film geschrieben hat.

Der Soul verortet den Film auch ganz klar als Hommage an die 70er Jahre (die Musik zum Film ist auf Vinyl erhältlich!), an den Gefängnisfilm, aber noch viel mehr. Bradley wird von den Latino-Gangsters Blanco genannt: er ist ein Aussenseiter, an anderer Stelle wird er Redneck oder Hillbilly genannt. Die Nähe der armen Weissen zu anderen Unterprivilegierten wird immer wieder betont. Und dies zu Recht. Denn es sind ja nicht die armen Weissen, die Präsident der USA werden, sondern eben die Superreichen.

Ta-Nehisi Coates hat sicher recht, wenn er darauf verweist, dass Weissen, auch armen Weissen, Türen offen stehen, die für (arme) Schwarze für immer verschlossen bleiben. Doch das Drama des armen Weissen – von allen anderen mit rassistischer Verachtung White Trash genannt – muss auch erzählt werden. Wie das Leben der Armen tout court. Und vielleicht erzählt Zahler dieses Drama auch. Dies in Gestalt einer knallharten Hommage an eine eben doch noch sehr präsente Zeit. Denn wie auch die AfroamerikanerInnen insgesamt seit den 70er Jahren wieder abgestiegen sind, sozioökonomisch gesehen, so trifft dies sicherlich auch für arme Weisse zu.

Wie dem auch sei: «Brawl in Cell Block 99» ist nichts für schwache Nerven – in Deutschland wurde der Film mit dem Prädikat FSK 18 ausgezeichnet. Dieses Rating bezieht sich allerdings auf die geschnittene Fassung – wer die ungeschnittene Fassung sehen will, muss den Film im B-Movie in Basel sehen!

«Brawl in Cell Block 99». USA 2017. Regie: S. Craig Zahler. Mit Vince Vaughn, Jennifer Carpenter, Udo Kier, Don Johnson, Marc Blucas, Dion Mucciacito, Fred Melamed u.a. Schweizer Premiere (Uncut) im B-Movie Basel am Freitag, 14. Dezember 2018.


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