Bahnhofswelten – «Mahatah – Side Stories from Main Stations»

In ihrem Dokumentarfilm entwerfen Sandra Gysi und Ko-Regisseur Ahmed Abdel Mohsen ein spannendes Bild von zwei grösseren Bahnhöfen: einer befindet sich in der Schweiz, in Zürich, der andere in Ägypten, in Kairo – also genau dort, wo Youssef Chahine vor über 60 Jahren seinen Film «Bab el hadid (Cairo Station)» spielen liess.

Zwei Bahnhöfe, einer in Kairo, einer in Zürich. Wie gehen die Menschen dort mit Problemen um? Securitrans auf der einen Seite, auf der anderen Menschen, die früher beim Militär gearbeitet haben. Ein tibetanischer Mönch, eine Theologin in der Bahnhofskirche. In Ägypten immer wieder der Verweis auf den Willen Gottes.

Wir sehen, wie eine Mitarbeiterin der Firma Securitrans und ihr Kollege auch mit schwierigen Situationen umgehen. An einer Stelle fragt sie den mitarbeitet eines Imbisstands: «Chasch du arabisch?» Manchmal reichen die eigenen Sprachkenntnisse eben nicht aus. Und im Leben ist alles Kommunikation, vor allem im Bahnhof. Dort vielleicht noch mehr.

Alleinerziehend in Ägypten. (Bild: zVg)

Der tibetanische Mönch sagt, jede Verspätung sei eine Chance zu einer Meditation. Doch natürlich haben nicht alle Zeit und auch nicht die Veranlagung oder auch nur die kulturelle Prägung dafür. Doch trotz allem scheint alles rund zu laufen, sowohl in Kairo als auch in Zürich: hier arbeiten sehr viele Menschen aus sehr vielen Ländern (zumindest in Zürich – in Kairo sind die einheimischen wahrscheinlich stärker vertreten) daran, das alles klappt – von der Sauberkeit über die Verpflegung bis zum Zugverkehr selber.

In Ägypten ist oft die Rede von Gott, während in Zürich die spirituelle Ebene eher ausgelagert wird, in eine Art Bahnhofskirche oder Gebetsraum. Das ist im Westen (zumindest in Europa) sicher ein Trend, der sich wohl nicht verändert: Die Religion wird nur noch in bestimmten Räumen gelebt; während viele Menschen auch gar keinen Bezug mehr haben zur Religion – in Ägypten sicher undenkbar.

Regisseurin Sandra Gysi und Ko-Regisseur Ahmed Abdel Mohsen zeichnen ein spannendes Bild dieser Bahnhofswelten und zeigen dabei auch viel über unsere Gesellschaften, ihren Umgang mit Problemen und vieles mehr. Und doch hat man das Gefühl, dass die Arbeit an beiden Orten sich dann doch in vielem doch sehr stark gleicht. Was sich sicher zeigt, dass die Menschen eher in die Schweiz auswandern oder flüchten, während es in Ägypten eher umgekehrt ist. «Mahatah» zeigt aber auch, wie Menschen zurückkehren und ihren Weg in ihrer Heimat gehen.

Der Titel des Films bleibt opak – er wird nicht erklärt. Vielleicht hilft ein Blick in das Wiktionary (https://en.wiktionary.org/wiki/महत्): mahataḥ ist gen. sg. von Sanskrit महत्, was als «gross, riesig» (usw.) übersetzt werden kann. Und gross sind diese Bahnhöfe sicher – zumindest der in Kairo!

«Mahatah – Side Stories from Main Stations». Schweiz 2022. Regie: Sandra Gysi, Ahmed Abdel Mohsen. Dokumentarfilm. Deutschschweizer Kinostart am 15. September 2022.


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