gesichtet #159: Vom Gold- zum Pomeranzengässlein

Von Michel Schultheiss

Manche Basler Gassen in Basel gibt es nur an bestimmten Tagen. Das Gansgässlein ist etwa so ein Fall. Bloss während des «Em Bebbi sy Jazz» ist es für die Öffentlichkeit passierbar. Ein anderes Beispiel ist das Pomeranzengässlein. Oder besser gesagt das, was von ihm übrig geblieben ist.

Das Pomeranzengässlein ist nur noch ansatzweise erhalten geblieben. Der Bau des Spiegelhofs stutze es auf den Teil im Hanggarten hinter den Gemäuern beim Ringelhof zurück (Foto: smi).

Die Fasnacht lässt zumindest die Überreste der einstigen Gasse hochleben. Dann nämlich ist die Treppe zum Rauracherkeller geöffnet. Einst führte dieser Weg noch weiter. Als Pomeranzengässlein schmiegte sich am Hang entlang des Ringelhofs durch den Garten. Es verlief parallel zum Kellergässlein, das noch heute existiert.

Bildmaterial aus dem Staatsarchiv gibt Aufschluss über den verschollenen Schleichweg. Fotos vom Pomeranzengässli oder mit zwei «m» auch als Pommeranzengässlein aufgeführt, geben einen Einblick in die einstigen Gassen beim Petersberg. Ausserdem zeigen Handzeichnungen des Künstlers Alfred Peter (1877-1959) diesen urchigen Trampelpfad von der Talstadt zur Petersgasse.

Alfred Peter bezeichnete diesen Weg beim Ringelhof sowohl als «Pomeranze Gässlein» wie auch als Badgässli (Staatsarchiv Basel-Stadt, SMM Inv.1959.143).

Wie es dazu kam, dass dieser Durchgang nach einer Bitterorange benannt wurde, ist nicht bekannt. Klarer ist sein zweiter Name. Alfred Peter bezeichnet es auf der Skizze nämlich auch als Badgässli. Dieser Name verweist wohl auf die Badeanstalt, die bis Ende der Dreissigerjahre dort stand.

Wie auf der Seite «Basler Bauten» nachzulesen ist, führte das Pomeranzengässlein einst vom Fischmarkt zur Petersgasse. Am Hang zweigte vom Pomeranzengässlein noch ein zweiter verschollener Pfad ab. Dieser war als Goldgässlein bekannt. Es führte von der Petersgasse aus um den Ringelhof und mündete schliesslich beim Offenburgerhof-Brunnen in die Petersgasse.

Die Treppe hinunter zum Rauracherkeller lässt noch erahnen, dass hier einst eine Gasse bis zum Fischmarkt führte (Foto: smi).

Auch mit Goldgässlein hat es eine besondere Bewandtnis. Es ist erstens mal nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter im Kleinbasel. Das Reverenzgässlein war früher nämlich auch nach dem Edelmetall benannt. Zweitens war die Namensgebung auch bei den besagten Grossbasler Gassen wechselhaft. Verwirrend ist etwa, dass sowohl Grossbasler Goldgässlein wie auch das Pomeranzengässlein ebenso als Badgässlein bekannt waren.

Womöglich hat der goldene Namen seine Wurzeln im Mittelalter. Die Archäologin Pia Kamber beschreibt in der Zeitschrift «Mittelalter» Schweizerischen Burgenvereins von 1998 die Fundstücke aus einem Alchemistenlabor aus dem 13. Jahrhundert auf dem Grundstück. Beim Ringelhof kamen Keramikgefässe zum Vorschein, die darauf hindeuten. Mittelalterliche Laborgeräte wie Tiegel, Probierschalen und Destilliergefässe zählen zu den archäologischen Funden. Ab dem späten 13. Jahrhundert waren auch Goldschmiede und Wechsler in diesem Stadtteil tätig. Wer weiss: Vielleicht rührt als der Name Goldgässlein vom einstigen Traum aller Alchemisten her, Substanzen zu veredeln.

Wie urchig es damals zwischen den Häusern beim Petersberg ausgehen haben, legt Stimmungsbild vom Badgässli von Alfred Peter nahe. (Staatsarchiv Basel-Stadt, SMM Inv.1959.1)

Von Gold, Bädern und Pomeranzen ist heute hingegen nichts mehr zu sehen. Die Gassen existieren heute nur noch ansatzweise und befinden sich auf privatem Boden. Mit dem Bau des Spiegelhofs 1937 mussten auch sie weichen. Ein ganzes Altstadtviertel machte damals dem Polizeigebäude Platz. Dies war dann das Ende des Petersbergs und somit auch dieser kleinen Gassen am Hang. Dank Alfred Peter und den Fotografe konnte das Quartier am Hang zumindest noch kurz vor dem Abriss in Bildern erhalten bleiben.


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