Mounia Meddours «Houria»

Mounia Meddours zweiter Spielfilm ist ein Plädoyer für eine freiere, friedlichere Welt – für Tanz und Kultur.

Houria, eine junge Frau in Algier, lebt für das Tanzen. Sie arbeitet als Putzfrau. Nach einer brutalen Attacke muss sie ihren Weg zurück ins Leben finden. Sie leidet unter den körperlichen, aber auch den seelischen Wunden, die ihr ein ehemaliger Terrorist zugefügt hat. Ihre Freundin sucht unterdessen einen Ausweg aus der Tristesse und will illegal nach Spanien einreisen …

Wie schon in «Papicha», ihrem ersten Spielfilm, verarbeitet die algerisch-französische Regisseurin und Drehbuchautorin auch in ihrem Zweitling nicht zuletzt den Bürgerkrieg in Algerien, der zwar vorbei ist, aber eben immer noch sehr präsent. Ein weiteres Thema ist die Flucht aus Afrika nach Europa. Mit «Houria» legt Mounia Meddour einen sehr schön gemachten Film vor, der sehr aktuell ist und sicher auch bleibt – leider. Einer der Koproduzenten ist kein geringerer als Dany Boon («Bienvenue chez les Ch’tis»), der wie Mounia Meddour Wurzeln in Algerien und Europa hat. Beide können so zwischen den Kontinenten und Kulturen vermitteln.

Die junge Algerierin Houria lebt für den Tanz. (Bild: zVg/Courtesy of Ink Connection, High Sea Production)

Sicher kann ein Film wie dieser nicht viel verändern – aber immerhin kann er den Menschen im Westen das Land zeigen und liberal gesinnte Geister hüben wie drüben bestärken in ihren Überzeugungen.

Darüber hinaus ist «Houria» ein ästhetisch sehr ansprechendes werk; einerseits setzt Mounia Meddour den Tanz gekonnt in Szene; andererseits auch die Schönheit Algeriens. In Algerien selbst konnte bereits «Papicha» nicht gezeigt werden …

Die Menschen in diesem Film sprechen Arabisch – vermutlich algerisches Arabisch; daneben ist auch die Gebärdensprache zu sehen und – nicht nur bei der Ärztin – auch Französisch, das nach wie vor eine Lingua franca ist in Algerien (auch wenn das Französische dort wie weltweit an Bedeutung eingebüsst hat und aus verschiedenen Gründen nicht unumstritten ist, siehe hier: https://de.qantara.de/inhalt/franzoesisch-in-algerien-abkehr-von-der-sprache-der-kolonialherren).

Denn die Wunden Algeriens sind natürlich nicht nur die der heutigen Politik und des Bürgerkriegs, sondern auch die des Kolonialismus. Auch wenn rechte Kommentator:innen immer wieder auf die Eigenverantwortung der Länder des Südens pochen: Nicht nur hat der Kolonialismus damals viel Unheil angerichtet, sondern es ist auch heute noch so, dass ein Ungleichgewicht zwischen den reichen Ländern des Nordens und den armen Ländern des Südens besteht – eine Art Neokolonialismus.

Es ist dieses Ungleichgewicht und die Armut, zu der es führt, die der wahre Grund des Terrorismus und der Flucht ist. Der Norden profitiert immer noch von der Armut im Süden. Auch davon erzählt dieser Film. Vor allem aber ist es eine Hommage an Menschen in Algerien, die in Freiheit und Würde leben wollen.

«Houria». Frankreich/Belgien/Algerien 2022. Regie: Mounia Meddour. Mit Lyna Khoudri, Rachida Brakni, Nadia Kaci, Amira Hilda Douaouda u. a. Deutschschweizer Kinostart am 30. März 2023.


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