Mit KI in die Zukunft – Jérémie Périns «Mars Express»
Jérémie Périns Animationsfilm überzeugt mit Spannung und reflektierten Zukunftsvisionen.
Der Mars im 23. Jahrhundert. Aline Ruby und Carlos Rivera versuchen, einen Mordfall aufzuklären. Auf der Erde müssen sie eine Hackerin aufspüren. Zurück auf dem Mars wird die Hackerin aber wieder freigelassen, was Ruby und ihren Partner – einen Androiden – sehr verwundert. Ihr neuer Auftrag: die verschwundene Studentin Jun Chow aufzuspüren …
Näher beim Jetzt kann ein Film fast nicht sein – die KI im 23. Jahrhundert mag zwar umfassender sein als die heutige (die ja grösstenteils aus Sprachmodellen besteht); aber doch sind die Fragen, die dieser Film aufwirft, die Fragen, die uns heute beschäftigen: Wird uns die KI ersetzen? Ist die KI etwas Gutes oder etwas Schlechtes?
Fragen, die auch bereits in Stanley Kubricks «2001» (1968), in Ridley Scotts «Blade Runner» (1982) eine wichtige Rolle spielten. Schon Arthur C. Clarke und Kubrick haben reflektiert, ob uns die KI eines Tages gefährlich werden könnte – und dies in den 1960er-Jahren, vor über 50 Jahren. Vielleicht geht es dabei aber immer (zumindest bei Philip K. Dick und Ridley Scott und nun in Jérémie Périns Film) um etwas ganz anderes: darum, wie wir als Menschen miteinander umgehen. Die Androiden bei Philip K. Dick (literarische Vorlage: 1968) und in Ridley Scotts Film aus den 80er-Jahren sind eben immer auch Menschen; dies ist auch heute in Jérémie Périns Film nicht anders.
Sicherlich bewegt die Menschen heute aber die Frage, ob die Maschinen uns nicht bald schon ganz ersetzen, noch anders als im letzten Jahrhundert. Solange aber die Maschinen nicht menschenähnlich auf unserer Erde wandeln, in den Strassen und Diskotheken, solange aber geht es letztlich eben doch noch um uns Menschen, und nur um uns Menschen – es geht darum, wie wir mit anderen Menschen (und Tieren) umgehen. Unter unethischer Behandlung leiden ja bis dato immer andere Menschen, andere Wesen, nicht die KI. Ob es auch im 23. Jahrhundert so sein wird?
Das ist eine Frage, die Jérémie Périns Animationsfilm – besetzt mit zahlreichen bekannten Stimmen, am bekanntesten zumindest in der Deutschschweiz sicher Marthe Keller, die in einer kleinen (aber wichtigen) Nebenrolle zu hören ist, und Mathieu Amalric – natürlich nicht beantwortet. Und doch ist er so nahe an unseren Ängsten wie nur wenige aktuelle Filme. Ansprechend animiert und auch sonst toll umgesetzt – so muss ein Film sein. Und schön, dass auch mal ein Animationsfilm für Erwachsene den Weg in unsere Kinos findet. Nicht verpassen!
«Mars Express». Frankreich 2023. Regie: Jérémie Périn. Mit den Stimmen von Daniel Njo Lobé, Léa Drucker, Marie Bouvet, Mathieu Amalric, Marthe Keller u. a. Deutschschweizer Kinostart am 21. März 2024.
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