In den Gängen – Michael Fetter Nathanskys «Alle die Du bist»

Gleich von vier Schauspieler:innen wird der Techniker Paul Lichter dargestellt. Seine Frau Nadine weiss nicht, weshalb sie ihn nicht mehr liebt. Und auch in beruflicher Hinsicht scheint das Ende nah …

Paul (Carlo Ljubek u. a.) hat es nicht leicht. Seine Frau Nadine (Aenne Schwarz), die ebenfalls Arbeiterin ist, liebt ihn nicht mehr. Der Strukturwandel ist zudem gnadenlos – er muss eine neue Arbeit suchen. Das Ende ist nah …

Michael Fetter Nathansky – der Regisseur hat auch das Drehbuch selber geschrieben – hat sich viel vorgenommen: In seinem aktuellen Spielfilm «Alle die Du bist» zeigt er den vielschichtigen Mechatroniker Paul Lichter, der von gleich vier Schauspieler:innen dargestellt wird – was durchaus zu Verwirrung führen kann. Dies ist aber sicher gewollt. So verwirrend muss für die Mechatroniker:innen auch der Strukturwandel in ihrer Branche sein – wenn sich Paul wieder wie ein Kind vorkommt (und tatsächlich wird er gleich zu Beginn des Films von einem Kind dargestellt), dann ist dies ein Hinweis darauf, dass die grossen Veränderungen, die ein erwachsener Mensch aushalten muss, ihn im schlimmsten Fall wirklich in ein kindliches Stadium der Angst zurückwerfen. Oder dass er zumindest Erfahrungen macht, die an die Kindheit erinnern können.

Nadine und Paul, aber wie lange noch? (Bild: Cineworx)

Vielleicht verändert sich der Mensch aber gar nicht so stark – wenn Nadine ihren Mann nicht mehr liebt, liegt das eben vielleicht nicht nur an ihm, an den schwierigen Umständen – sondern vor allem an ihr selbst. Aber alles ist eben im Fluss – und vielleicht ist es denn auch so, dass grosse Veränderungen aussen eben auch nach grossen Veränderung innen rufen. Michael Fetter Nathanskys Film ist aber kein Self-Help-Buch, auch kein Film, der dem Publikum irgendwelche Wahrheiten vertickern will – eher geht es um Denkanstösse; «Alle die Du bist» ist ein Arthaus-Film, der sich nicht so einfach einordnen lässt; Arthaus im engeren Sinne: eben kein Genrefilm, sondern ein Film, der Konventionen auch mal verlässt – am deutlichsten, wenn Paul auch von einem Kind und einer Frau dargestellt wird. Wie fluid die Identität von uns allen ist, das ist sicherlich ein Thema in Fetter Nathanskys zweitem Spielfilm. Vielleicht geht es aber gar nicht um Paul, sondern eigentlich nur um Nadines Perspektive …

«Alle die Du bist». Deutschland/Spanien 2024. Regie: Samuel Perraud. Mit Carlo Ljubek, Aenne Schwarz, Sammy Schreib, Youness Aabbaz, Jule Nebel-Linnenbaum, Sara Fazilat, Naila Schuberth, Moritz Klaus u. a. Deutschschweizer Kinostart am 6. Juni 2024.


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