Santiago de Cuba – Handel mit Rum und Zigarren

Im Brettspiel Santiago de Cuba von eggertspiele finden wir eine pfiffige Mischung aus Taktik und Glück rund um das Treiben in der Hafenstadt.

 

Santiago de Cuba. Schon nur bei diesen drei Wörtern hört man bereits die Eiswürfel im Rumglas klickern und schnuppert feinen Zigarrengeruch. Und genau darum geht es im gleichnamigen Brettspiel auch: Tabak und Zucker, Rum und Zigarren, Zitrusfrüchte und Holz. Diese Waren gilt es, möglichst gewinnbringend auf eins der Schiffe im Hafen von Santiago de Cuba zu bringen. Doch können wir nicht immer rechtzeitig vor Ort sein, und jedes Schiff nimmt nur eine gewisse Anzahl Waren auf, bevor es ablegt.

 

Auf dem farbenfrohen Spielplan präsentiert sich uns eine Strasse in der Stadt Santiago de Cuba, durch die wir Zug für Zug mit dem Auto fahren. An jeder Zwischenstation, wo das Auto hält, können wir die Dienste einer von neun Personen in Anspruch nehmen. Zu Beginn eines Spiels werden diese Personen zufällig ausgelegt – die Reihenfolge und sich daraus ergebenden taktischen Möglichkeiten sind also in jedem Spiel neu. So gibt es beispielsweise die Obsthändlerin Conchita oder den Zuckerrohrfarmer José, die uns jeweils mit Zitrusfrüchten bzw. Zucker versorgen. Manchmal aber ist es sinnvoller (um nicht zu sagen heimtückischer), Personen wie den Taschendieb El Zorro oder den Hehler Pablo anzuheuern, um seine Geschäfte voranzutreiben.

 

Etwas Würfelglück und Zufall, vor allem aber Taktik und cleveres Planen bringen uns zum Sieg. zVg

 

Spieltiefe durch Gebäude

 

Damit ist allerdings erst der halbe Spielzug vorüber, denn mit der Wahl einer Person haben wir zusätzlich die Möglichkeit, eines der zwölf Gebäude zu nutzen, welche ebenfalls pro Spiel immer neu ausliegen. Durch diese clevere Verknüpfung von Personen und Gebäuden ergeben sich in jeder Partie interessante Kombinationen. Ist der Tabakhändler Pedro z.B. mit der Zigarrenfabrik verbunden, können wir von ihm Tabak bekommen und den Rohstoff im selben Zug in wertvolle Zigarren weiterverarbeiten. In manchen Aufstellungen lässt sich so einfacher mehr Geld verdienen, in anderen stehen die Waren oder deren Verschiffung im Vordergrund.

 

Santiago de Cuba ist mit all diesen Mechanismen äusserst vielseitig und verblüffend offen: Grundsätzlich lässt sich alles in Siegpunkte verwandeln, sogar Geld. In keinem Zug hat man das Gefühl, überhaupt nichts Gescheites tun zu können – im Gegenteil! Dass das Spiel trotz der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten nicht unübersichtlich wird, liegt unter anderem daran, dass Santiago de Cuba der kleine Bruder eines grösseren Spiels namens Cuba ist, welches bereits 2007 erschien. Hier müssen wir ein wenig ausholen, um die Unterschiede zwischen den beiden engverwandten Spielen zu klären – denn obwohl sie zu derselben Spielefamilie gehören, sprechen sie unterschiedliche Spielertypen an.

 

Entschlackter Spielablauf

 

Das fünf Jahre ältere Cuba ist im Vergleich zu Santiago de Cuba um ein Vielfaches komplexer: Wir bauen Gebäude, pflanzen Waren selbstständig auf dem eigenen Feld an, (ver)kaufen diese auf dem variablen Markt oder bringen sie gewinnbringend in den Hafen. Darüber hinaus stimmen wir am Ende jeder Runde ab, welche Gesetzesvorschläge im Parlament verabschiedet werden sollen. Cuba ist beileibe kein schlechtes Spiel – trotz Komplexität ist es sehr kurzweilig – aber für Einstiegsspieler, die bestenfalls Die Siedler von Catan kennen, kann die Fülle der Möglichkeiten abschreckend wirken.

 

Und genau hier scheint Santiago de Cuba anzusetzen. Es konzentriert sich auf die Mechanismen, die den grossen Bruder so interessant machen, und verfeinert sie mit einer Prise Zufall. Der Spielablauf ist eingängig, ohne repetitiv zu werden: Die Strasse bestimmt den Weg, und Spielzüge lassen sich im Voraus planen … so richtig spannend wird es aber erst, wenn wir spontan umdenken müssen, weil das Auto bereits weitergefahren ist. Und auf einmal können wir das Feld von hinten aufrollen. Diese Ungewissheit birgt den eigentlichen Reiz von Santiago de Cuba. Es ist das nötige Fünkchen Chaos, das ein ansonsten gutes Spiel zu einem exzellenten macht.

 

Von den drei Spielen, die bisher in der Cuba-Familie erschienen sind, ist Santiago de Cuba das Zugänglichste, ideal für Einsteiger, aber auch mit genügend Biss für fortgeschrittene SpielerInnen. Und wenn man nach zig Partien Lust auf mehr Komplexität bekommt, kann man immer noch zum grossen Bruder übergehen.

 

zVg

 

Santiago de Cuba
Von Michael Rieneck
2 – 4 Spieler, 45 – 60 Minuten, ab 10 Jahren
ca. CHF 36.-
Erschienen 2011 bei eggertspiele und Pegasus Spiele

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