gesichtet #92: Der König von Basel gibt nicht auf

Von Michel Schultheiss

Wie angewurzelt stehen die drei Weisen aus dem Morgenland auf dem Podest. Bei jedem Münzeinwurf für den guten Zweck wird gepoltert – ein bekanntes Bild aus der Freien Strasse in der Vorweihnachtszeit. Aber halt: Gleich neben ihnen sitzt noch ein vierter König. Ihn erkennt man allerdings erst bei genauerem Hinschauen. Zudem beschränkt er sich nicht nur auf den Dezember – die Einkaufsmeile ist das ganze Jahr über sein Stammplatz. Er fordert auch keine Spenden, sondern nichts Geringeres als die Anerkennung als portugiesischer Thronfolger.

Drei Könige und Dom Manuel

Der vierte König (links im Bild) kommt aus Portugal (Foto: smi).

Pünktlich zum Dreikönigstag soll heute Basels letzter Monarch im Zentrum stehen. Schon mehrmals war in dieser Rubrik von ihm die Rede: Ihre Majestät Prinz Dom Manuel III de Portugal Hohenzollern Borbone Bourbon Bragança. Sein Anliegen und seine Geschichte wurden schon ausführlich erzählt, ebenso seine zum Glück wenig erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem rechtsextremen Grossrat Eric Weber.

Dom Manuel III verteilt Flyer

Unermüdlich setzt er sich in der Freien Strasse für sein Anliegen ein: Dom Manuel III (Foto: smi).

Was ist aber in der Zwischenzeit aus dem Thronanwärter geworden? Trotz vieler Manifestationen der Monarchie hat seine Bitte weder beim Basler Rathaus noch in Strassburg Gehör gefunden hat. Dennoch denkt er keineswegs ans Aufgeben. Im Gegenteil: Dom Manuel III hat seine PR-Aktionen ausgeweitet. Nun bestückt er weite Teile der Fussgängerzone vor der Hauptpost nicht nur mit einem, sondern mit einer ganzen Reihe von Plakaten. Die Nachricht ist mittlerweile nicht nur auf Deutsch, Portugiesisch und Französisch, sondern auch auf Chinesisch, Thailändisch und Arabisch zu lesen. Die Schilder sind mit den jeweiligen Wappen versehen, was das Ganze zu einer bunten Angelegenheit macht.

Schilder von Dom Manuel III

Die Monarchie spricht viele Sprachen (Foto: smi).

Noch immer wähnt sich der Thronprätendent im Exil: Aussagen wie «Weltrekord 37 Jahre» und «älteste politische Gefangene der Welt» sind weiterhin auf den Schildern zu lesen, ebenso seine Forderung nach «Frauenrechten». Auch der Wettbewerb, den er schon letztes Jahr lanciert hatte, wurde wieder aufgerollt: Nebst Flyern zur Manifestation der Monarchie verteilt der Kronprinz deshalb auch Postkarten und wie immer gibt’s etwas zu gewinnen: «Schreiben Sie einen Brief an alle Republiken. (Und sagen) Unsere Majestät Kaiserlicher Prinz der Preussen lebt auf der Strasse und Von der Strasse Die Republik sagt der Gewinner Brief 5.000 – CHF».

Wettbewerb Dom Manuel III

Hier gibt’s was zu gewinnen (Foto: smi).

Obschon Eric Weber den Portugiesen anscheinend aus den Augen verloren hat, hätte der Politiker doch eigentlich die passende schriftliche Anfrage parat. Weber, der als «Anfragenkönig» des Rathauses bekannt ist, forderte nämlich vor einem Monat einen Monarchen für Basel. Im Wortlaut klingt seine Idee folgendermassen: «Ein König oder eine Königin als Staatsoberhaupt von Basel wäre eine Bereicherung für unsere Demokratie. Wir würden damit auch viele neue Touristen gewinnen». Auch ein Königspalast steht in den Augen von Eric Weber schon: Das «Weiss-Blaue Haus am Rheinsprung» soll zur Residenz der Basler Monarchen werden. Dabei sieht der rechtsextreme Politiker nicht etwa den bärtigen Mann aus der Freien Strasse, sondern «eine Familie aus der Chemischen Industrie» für diese Rolle bestimmt.

Dom Manuel III mit Plakaten

Mitten im Einkaufsrausch schenken ihm nur wenige Leute Beachtung: Der König vor der Hauptpost (Foto: smi).

Auch Kutti MC hat sich schon einmal eines verkannten Königs angenommen. In seinem Stück «König für immer» geht’s um diese Frage – im Gegensatz zu Dom Manuell III  allerdings in einem übertragenen Sinn: Was, wenn jemand, der unter uns weilt, stets belächelt und missverstanden wird, am Ende vielleicht doch etwas Wichtiges zu sagen hätte? Das Lied soll einem Berner Stadtoriginal, welches unter dem Namen «Schwäbi» bekannt ist, gewidmet sein. Dieser gilt dank seinen eigentümlichen Tänzen in Zeitlupe, die er an so manchem Konzert vorführt, als ein Unikum. Kutti MC setzt ihm in dieser Hommage Krone auf. Vielleicht wäre auch mal der Portugiese aus der Freien Strasse an der Reihe: Wie wohl Dom Manuel III reagieren würde, wenn man auch ihn tatsächlich mal für einen Tag zum König ernennen würde? Schliesslich wird am 6. Januar so ein mancher gekrönt. Vielleicht wäre es auch mal Zeit, dem Mann zumindest für sein beständiges Anderssein mitten in der Einkaufsbummelmasse irgendeine Form von Anerkennung zuzusprechen.

Flyer Dom Manuel III

Die Manifestation der Monarchie fand letzten Monat schon zum 52. Mal statt (Foto: smi).


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