Erwachsen werden in düsteren Zeiten – Kevin Phillips «Super Dark Times»
Kevin Phillips erster Langspielfilm ist eine starke Mischung aus Milieustudie und Thriller – mit einem Showdown, der wohl auch in einem Giallo nicht Fehl am Platz wäre.
Zach (Owen Campbell) und Josh (Charlie Tahan) sind beste Freunde. Doch beim Herumblödeln mit Daryl (Max Talisman) und anderen Jugendlichen kommt es zu einem schrecklichen Unfall. Zach und Josh leben sich auseinander, während Alison (Elizabeth Cappuccino) sich mit beiden anfreundet. Besonders gut mag sie eigentlich Zach, doch nach dem Unfall lähmen in Hemmungen, auch gegenüber diesem Mädchen, das ihn eigentlich sehr interessiert.
«Super Dark Times» spielt in einem ländlichen Teil von New York in den 90er Jahren. Bill Clinton sagt am Fernsehen: es sei besser, für etwas zu sein als gegen etwas. Er ist meilenweit entfernt von der Welt der Jugendlichen, in der sich alles um Spass und ganz allgemein um Zwischenmenschliches dreht. Alles ist noch neu; die Jungs reden zwar viel über Mädchen, sie schauen ein Schuljahrbuch mit Fotos an und sagen, mit welchen der Mädchen sie ausgehen würden. Das ist Facebook avant la lettre – nur ist die Kontaktaufnahme noch etwas schwieriger. Wobei Zach das Glück hat, dass Alison ja auch auf ihn steht – aber nach dem Unfall ist er wie versteinert und kann seine Zuneigung nur teilweise zeigen. Seine Mutter (Amy Hargreaves) ist dabei sehr verständnisvoll und freut sich über Allisons Besuch.
Die Welt von «Super Dark Times» ist eine Welt, in der die Väter ganz abwesend sind, bei einem Fest schliesslich sind die Erwachsenen alle abwesend, da Meghans Grossmutter krank geworden ist. Die männlichen Hauptfiguren haben beide biblische Namen, Josh bedeutet auf hebräisch «Gott ist Rettung»; Zachary «Gott hat sich erinnert». Die Rettung kommt aber sicher nicht von Josh, der sich nach dem Unfall zum Gras-Dealer entwickelt. Zach wiederum erinnert sich tatsächlich langsam und sieht, was eigentlich passiert ist oder was passieren wird und wird so zum Retter. Joshs älterer Bruder ist bei den Marines. Diese militärische Connection hat dabei eine wichtige Bedeutung. Trump will zwar die Lehrerschaft bewaffnen, aber «Super Dark Times» erzählt eine Geschichte, die zeigt, dass weniger Waffen eben doch zu mehr Sicherheit führen. Vielleicht aber auch, dass jede Waffe ein phallisches Symbol ist – in Zachs Träumen wird dies überdeutlich. In diesem Kontext sollten wir Columbine und Stoneman Douglas High verstehen.
«Super Dark Times». USA 2017. Regie: Kevin Phillips. Mit Owen Campbell, Charlie Tahan, Elizabeth Cappuccino, Max Talisman, Sawyer Barth, Amy Hargreaves, Adea Lennox u.a. Premiere im Basler Filmclub B-Movie am 3. März 2018; www.b-movie.ch.
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