Das Leben nach dem Leben – Beat Oswalds «Golden Age»

In ihrem Dokumentarfilm geben die beiden Schweizer Regisseure Beat Oswald und Samuel Weniger einen spannenden Einblick in die Welt eines Luxus-Altersheims in Florida.

The Palace ist ein Altersheim der etwas anderen Art: die Bewohner*innen sind sicherlich vermögender als an anderen Orten, und was «the Palace» ihnen bietet, ist etwas unterhaltsamer und vor allem viel luxuriöser als anderswo. Einer der Bewohner sieht sich selber gar als König – und wo sonst hat ein Senior die Freiheit, so spielerisch und so beknackt zu agieren wie der selbsternannte King John?

Dieser King John ist aber wohl auch eine melancholische Figur. Wie heute im Dokumentarfilm üblich, verzichten auch die Regisseure Oswald und Weniger auf einen erklärenden Kommentar. Wir wissen also nicht, ob der «König» wirklich spinnt oder tatsächlich nur spielt. An mindestens einer anderen Stelle wird auch klar, dass die Senior*innen nicht mehr alle so rüstig und aktiv sind, wie es manchmal den Schein hat.

Auch ein standesgemässer Pool ist natürlich vorhanden in der Residenz. (Bild: zVg)

Denn Vieles ist im Palace natürlich Schein: das Gründerpaar, das aus Israel stammt und selber aus bescheidenen Familien stammt, erklärt, dass sie den Bewohner*innen ebenso viel Action und Unterhaltung bieten wollen, wie diese früher im Berufsleben und in der Freizeit erlebt haben. Und sicherlich ist es bewundernswert, was das Team des Palace an Unterhaltung und Verpflegung Tag für Tag hervorzaubert.

Und doch ist natürlich auch im Palace nicht alles Gold, was glänzt: eher wirkt alles wie eine Art Parodie des früheren Lebens – und damit natürlich auch eine gewisse Traurigkeit. Das Leben geht eben doch nicht so weiter wie immer. Das ist den Bewohner*innen (die zumindest teilweise von den Familien zum Eintritt gedrängt wurden) selber natürlich auch klar.

Vielleicht noch klarer als vielen anderen, denn schliesslich sind dies wohl alles hochgebildete Senior*innen – auch wenn einer auf einen Präsidenten Trump hofft. Doch schliesslich ist es bekannt, dass gerade auch die Wohlhabenden Trump gewählt haben. Insofern ist es zu vermuten, dass er wohl nicht der einzige ist, der seine Stimme Trump gegeben hat.

In der Mehrheit wird er aber doch nicht sein im Palace: dies nicht zuletzt, weil ein Grossteil der Bewohner*innen jüdisch ist. Die Belegschaft hingegen ist so stark lateinamerikanisch geprägt, dass eine von ihnen gar die Mottos des Hauses auf Spanisch rezitiert. So zeigt «Golden Age» wohl – ohne aufdringliche politische Statements – auch auf, wo die grossen gesellschaftlichen Gräben in den USA liegen.

«Golden Age». Schweiz 2019. Regie: Beat Oswald und Samuel Weniger. Dokumentarfilm. Deutschschweizer Kinostart am 12. September 2019.


%d Bloggern gefällt das: