Die Liebe findet ihren Weg – Elene Naverianis «Wet Sand»

Moe kommt in das Dorf ihres Grossvaters, um ihren Grossvater Eliko zu beerdigen. Langsam zeigt sich, das nichts so ist, wie es scheint. Und auch sein Freund Amnon, der ihn eigentlich am besten kannte, weiss nicht alles… 

Ein Dorf in Georgien am Schwarzen Meer. Eliko wurde tot aufgefunden, seine Enkelin kommt an die Beerdigung – bzw. soll diese gleich selber organisieren. Sein Freund Amnon will sich auch engagieren, doch die anderen meinen, das sei doch nicht seine Sache, er habe ihn zudem verachtet. Langsam lernen die Dorfbewohner und Verwandten Eliko aber – postum – von einer anderen Seite kennen, die ihnen bisher verborgen geblieben ist.

Schon ganz früh im Film sehen wir im Fernsehen den georgischen Patriarchen, der zum Tag der Familie spricht. Damit will die orthodoxe Kirche in Georgien nämlich den Tag gegen die Homophobie ersetzen. Überall auf der Welt unterdrücken reaktionäre Kreise Homosexuelle – dies ist im Kontext des Kriegs gegen die Ukraine besonders aktuell. Was sind die Gründe für diese Ablehnung? Darauf geht der Film der georgischen Regisseurin – eine georgisch-schweizerische Koproduktion – nicht ein. Vielmehr zeigt sie das Leid, das die Ausgrenzung kreiert.

Skeptische Blicke im nassen Sand. (Bild: zVg)

Dabei sind es hier notabene eben nicht die geistlichen und nicht die weltlichen Autoritäten, die ausgrenzen – es sind ganz normale Leute wie du und ich, die sich zusammenrotten. Trotz einer Laufzeit von fast zwei Stunden langweilt dieser in Solothurn ausgezeichnete Film nie – es ist ein spannender Einblick in das ganz alltägliche Leben in einem kleinen Dorf in Georgien, am Meer, ganz nah beim nassen Sand (so auch der Name eines Lokals im Film).

Vielleicht ist es diese Berührung von Sand und Wasser, diese Intimität, die die einen den anderen nicht gönnen. Eine Liebe, die von der Gesellschaft nicht sanktioniert wird … das Thema Homosexualität ist in Georgien so heikel, dass beim Casting viele professionelle Schauspieler:innen abgelehnt haben. Und hier schliesst sich der Kreis zum Krieg in der Ukraine: Da sich die georgische Politik an Russland orientiert, ist die von Putin verordnete Homophobie auch dort allgegenwärtig. Toleranz war eben nie das Kerngebiet rechtsgerichteter Politik – das war früher so und ist auch heute noch so. Während im Westen aber nicht nur linke Politiker:innen sich für sexuelle Minderheiten einsetzen, ist dies in den Ländern, die sich im russischen Einflussbereich befinden, undenkbar. Finanziert wurde der Film denn auch vor allem mit Mitteln aus der Schweiz.

Doch so sehr auch die Rechte die Sexualität und insbesondere die nicht heterosexuelle Sexualität unterdrückt: diese verschwindet natürlich nicht einfach. Bei aller Trauer über den Tod ist Naverianis Film auch hoffnungsvoll, weil er zeigt, dass die neue Generation einen neuen Umgang sucht mit der Homosexualität.

«Wet Sand». Georgien/Schweiz 2021. Regie: Elene Naveriani. Mit Gia Agumava, Eka Chavleishvili, Zaal Goguadze u. a. Deutschschweizer Kinostart am 5. Mai 2022.


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