I Am Legend – Alejandro González Iñárritus «Birdman»

Der mexikanische Regisseur Alejandro G. Iñárritu legt mit «Birdman» seinen vielleicht besten Film vor – eine Reflexion über Hoch- und Populärkultur, über unseren Umgang miteinander, stark komponiert und mit hervorragenden schauspielerischen Leistungen grundiert.

Riggan (Michael Keaton) war mal ein Star. Als Birdman war er einer der ganz grossen Superhelden. Tempi passati. Nun inszeniert Riggan Raymond Carver auf dem Broadway – und alle sind gespannt, vor allem auch er selber: schafft es der abgehalfterte Star, seine Karriere in einem ganz anderen Ambiente wiederzubeleben? Die Kritikerin Tabitha Dickinson (Lindsay Duncan) hat ihre Meinung bereits gemacht; nichts hasst sie mehr als den Hollywood-Starkult. Riggans Assistentin und Tochter Sam (Emma Stone) verguckt sich gleich in Riggans Kollegen Mike (Edward Norton), der sehr unkonventionelle Akzente setzt. Riggans Freundin (Andrea Riseborough) ist schwanger, seine Ex-Frau Sylvia (Amy Ryan) taucht auch immer wieder auf – und da ist noch Riggans alter ego, der Birdman…

Riggan (Michael Keaton) und Mike (Edward Norton) im Gespräch. (Bild: zVg)

Riggan (Michael Keaton) und Mike (Edward Norton) im Gespräch. (Bild: zVg)

Mit seinem neuen Film legt der Mexikaner A. G. Iñárritu einen grossartigen Film über Hoch- und Populärkultur vor, grossartig und immer wieder originell umgesetzt, mit starken schauspielerischen Leistungen von Michael Keaton, Edward Norton und vielen anderen. Mit «Clouds of Sils Maria» verbindet der Film das Thema Hoch- und Populärkultur, dabei wird hier Roland Barthes zitiert – interessanterweise in diesem amerikanischen Film (der zweiten englischsprachigen Produktion des mexikanischen Regisseurs) und nicht etwa beim Franzosen Assayas. In «Clouds of Sils Maria» ist allerdings das Thema Pop/Hoch nur eins von vielen, hier steht es wohl aber nun wirklich im Zentrum – Michael Keaton, der Batman aus den Nineties (genauer: 1989-1992), ist natürlich auch deshalb perfekt als Riggan. Edward Norton wiederum, von dem man auch schon seit einiger Zeit nichts mehr gehört und gesehen hat, brilliert hier als Riggans Gegenspieler und Mitstreiter.

«Birdman» wäre aber kein echter Iñárritu, wenn nicht auch hier die Menschen und ihr Umgang miteinander eine wichtige Rolle spielen würde, ganz abgesehen von metakulturellen Extravaganzen. Riggan war als Vater vor allem abwesend, seine Tochter Sam war drogensüchtig, und seine aktuelle Freundin ist zwar sehr attraktiv, aber irgendwie kann Riggan nur wenig mit ihr anfangen – zu sehr ist er mit seinen eigenen Identitätsproblemen beschäftigt, zu denen wohl auch eine verspätete Midlife-Crisis gehört. Besonders hervorgehoben muss auch der starke, originelle Einsatz des reinen Perkussions-Scores von Antonio Sánchez. Der grosse mexikanische Regisseur beweist mit seinem aktuellen Streifen ein weiteres Mal, dass er zu den ganz Grossen seiner Zunft gehört. So muss Kino sein!

«Birdman». USA/Kanada 2014. Regie: Alejandro González Iñárritu. Mit Michael Keaton, Emma Stone, Edward Norton, Zach Galifianakis, Andrea Riseborough u.a. Deutschschweizer Kinostart: 29.1.2015.


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