Schwierige Suche nach Akzeptanz – Nick Broomfields «Whitney – Can I Be Me»

Der Dokumentarfilm über Whitney Houston ist ein Porträt einer zerrissenen Frau – zerrissen zwischen weissem und schwarzem Amerika, zwischen Homo- und Heterosexualität, zwischen Jesus und Crack. Vielleicht auch ein Porträt einer Nation.

Whitney Houston war die perfekte Pop-Diva. Doch sie bezahlte einen hohen Preis: während das weisse Amerika sie feierte, wurde sie an den afroamerikanischen Soul Train Awards ausgebuht. Dort lernte sie auch Bobby Brown kennen, Ikone des New Jack Swing und Bad Boy des R&B. Ihre Heirat passte überhaupt nicht in das Bild der allzu braven, allzu perfekten Whitney. Und hinter den Kulissen brodelte es: ihre langjährige Mitarbeiterin und Freundin Robyn Crawford und Bobby Brown waren Rivalen, schliesslich gingen sie getrennte Wege…

Whitney Elizabeth Houston (1963-2012), tragische Pop-Prinzessin. (Bild: zVg)

Whitney Elizabeth Houston (1963-2012), tragische Pop-Prinzessin. (Bild: zVg)

Nick Broomfield und Ko-Regisseur Rudi Dolezal zeichnen ein differenziertes Bild der Pop-Sängerin Whitney Houston, und damit werfen sie auch einen starken Blick auf die Pop-Landschaft der USA zwischen afroamerikanischer Innovation und White-Washing. Whitney Houston war aber natürlich nie weiss, auch wenn die Musik damals eben so un-funky wie möglich sein musste, um in den 80er Jahren das weisse Pop-Publikum zu erreichen. Daran ist Whitney Houston vielleicht zerbrochen – aber wohl nicht nur: die konservative Sexualmoral ihrer Mutter, der Gospel-Sängerin Cissy Houston, ein Leben zwischen Jesus und Individualität hat wohl ebenso dazu beigetragen, dass Whitney Houston Trost in den Drogen suchte und schliesslich – wie Amy Winehouse – so ihren Tod fand. Wie bei Amy Winehouse waren wohl auch die Menschen in ihrem Umfeld zu abhängig von ihr, um die Konsequenzen zu ziehen und ihre Gesundheit an erste Stelle zu setzen. Gleichzeitig ist natürlich die Macht der Droge – zumindest einer Droge wie Crack – eben so gross, dass viele an ihr scheitern.

Broomfields Film überzeugt restlos, auch wenn etwas mehr Infos über die Musik nicht geschadet hätten. Vielleicht braucht es dafür aber einen anderen Film. Kein Geringerer als Kevin Macdonald («Marley», «One Day in September») dreht ihn vielleicht – der preisgekrönte schottische Filmemacher arbeitet jedenfalls im Moment an einem Film über Whitney Houston. Interessanterweise scheint das Interesse für die verstorbene Whitney Houston in Grossbritannien grösser zu sein als in den USA. Dass sich die Menschen im Vereinigten Königreich stärker (als in den USA) auch für die Hits von gestern interessieren, ist allerdings schon lange aktenkundig.

 «Whitney – Can I Be Me». UK/USA 2017. Regie: Nick Broomfield, Rudi Dolezal. Dokumentarfilm. Deutschschweizer Kinostart am 29. Juni 2017.


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