Zurück zu den Wurzeln – Terry Gilliams «The Man Who Killed Don Quixote»
Terry Gilliam hat mehr als 20 Jahre gebraucht, um dieses Projekt zu verwirklichen. Das Resultat: sicher nicht sein bester Film, aber doch ein krass unterschätztes Werk.
Toby (Adam Driver) ist ein erfolgreicher Werbefilmer, im Moment arbeitet er aber in Spanien an einem Film über Don Quichotte – er kehrt so zu einem früheren Thema zurück, der Ritter der traurigen Gestalt war nämlich auch Thema seiner Abschlussarbeit an der Filmschule. Für Toby beginnt eine abgefahrene Reise in die Vergangenheit – sowohl seine eigene als auch die Spaniens…
Der Plot ist nicht das, was Terry Gilliams neuen Film ausmacht – was nicht heisst, dass wenig passiert in «The Man Who Killed Don Quixote». Im Gegenteil: immer wieder neue Subplots erscheinen, was einerseits eine Stärke des Films ist, andererseits aber auch eine Schwäche. Insofern ähnelt der Film etwas Spike Lees «BlackKklansman»; anders als sein amerikanischer Kollege hat es Terry Gilliam aber nicht geschafft, Publikum und Kritik zu überzeugen. Das hat verschiedene Gründe. Einerseits haben sich nach so langer Zeit – es gibt sogar einen Dokfilm über das gescheiterte Projekt («Lost in La Mancha») – die Erwartungen wohl ins Unermessliche gesteigert. Andererseits hatte Gilliam seit «12 Monkeys» keinen wirklichen Hit mehr – seine Filme vermögen zwar immer wieder zu überzeugen; aber für ein breiteres Publikum ist Gilliam wohl einfach zu abgefahren.
Dass Gilliam die amerikanische Staatsbürgerschaft abgegeben hat, ist hier wohl ebenfalls nicht förderlich, da sich Gilliam so nur kurze Zeit in seiner ursprünglichen Heimat aufhalten darf – das hat er etwa bei den Dreharbeiten zu «Tideland» gespürt. Wer auf «The Man Who Killed Don Quixote» mit einem offenen Geist zugeht, wird hier vieles finden, was von Wert ist: Adam Driver etwa, der als Regisseur hier sehr überzeugt und seine Wandlungsfähigkeit ein weiteres Mal unter Beweis stellt. Die Anspielungen auf Islamophobie und Rassismus, die Parallelen, die Gilliam zieht zwischen Inquisition und heutiger Paranoia. Und ganz einfach die abgefahrenen Ideen, die immer wieder überraschen, das stete Switchen zwischen Jetztzeit und 17. Jahrhundert, zwischen Wahnsinn und Alltag, der skurrile Humor, der wohl typisch ist für Gilliam.
Adam Driver war auch bei Spike Lee zu sehen, dort spielte er einen Polizisten mit jüdischen Wurzeln. Hier wird Toby einmal mit einem gitano verwechselt – und später redet er gar von einer jüdischen Grossmutter. Natürlich nicht in Anwesenheit der Inquisition… Fazit: ja, es ist sicher nicht Gilliams bester Film, aber es ist falsch, Gilliam abzuschreiben. «The Man Who Killed Don Quixote» ist vielleicht sogar einer seiner interessantesten Filme der letzten Jahre.
«The Man Who Killed Don Quixote». Spanien/Belgien/Frankreich/Portugal/UK 2018. Regie: Terry Gilliam. Mit Adam Driver, Stellan Skarsgaard, Olga Kurylenko, Jonathan Pryce, Joana Ribeiro, Sergi López, Jordi Mollà u.a. Jetzt im Kino; DVD/Blu-ray angekündigt.
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