gesichtet #82: Die Gesichter der «Bronx»
Von Michel Schultheiss
Ist es ein Strässlein mit Hinterhofcharme oder ein beängstigend leerer Durchschlupf? In Sachen Steinenbachgässlein gehen die Meinungen auseinander. Manche mögen sich vielleicht an durchzechte Nächte in der «Excalibar» erinnern – die Kneipe an der Ecke zum Kohlenberg, die besser unter dem inoffiziellen Namen «Bronx Bar» bekannt ist. Andere denken wohl eher an Pornoschuppen mit greller Beleuchtung, Depots für ausgediente Dönerboxen, tote Läden und zwielichtige Gestalten. Wiederum andere bringen die Gasse eher mit bunt bemaltem Wände und dem blauen Glasfries in Verbindung.

Eine Art permanentes Provisorium mit Läden, die kommen und gehen. Dieser hier hält es aber schon eine ganze Weile dort aus (Foto: smi).
Das ehemalige Bachbett des längst eingedolten Gewerbekanals hat viele Gesichter, konnte aber das eigentümliche Ambiente stets behalten. Schon mehrere Male war hier von dieser illustren Gasse, ihrer Geschichte und ihrem Wandel die Rede. Mittlerweile hat sich ihre Gestalt schon wieder verändert. Die ehemalige Henkersstiege ist zwar noch nicht ganz salonfähig geworden, wohl aber das Interesse, darüber zu schreiben. Nach zwei «Zeitnah»-Beiträgen wurde der sonst stiefmütterlich behandelte Ort von mehreren Schreibern entdeckt: So interessieren sich einige für die Kunstwerke, die dort zu sehen sind, etwa für die Wandmalereien. Weitere kopierten sogar bei «Zeitnah» – inklusive Tussi-Vergleiche.
Dabei nähert sich die Gasse zumindest ausgangstechnisch der Steine an. Die Balz-Bar konnte expandieren. Hinter den rotbraun-schimmernden Fassaden löste er den Orisha Club ab. Auch der Plattenladen «Atlantis Records» dürfte im eingeklemmten Strässlein neue Akzente gesetzt haben. Einst hatte auch ein bekannter Kulturschaffender aus der Region dort einen Laden. Nur noch das weiterhin sichtbare Schild mit der Aufschrift «Bronx» erinnert noch daran. Somit ist – ob gewollt oder nicht – immerhin der landläufige Übername für die dortige Gegend geblieben. Eingezogen sind dort nun Terminator und Batman. Die lebensgrossen Figuren des Geschäfts «Handy & PC World» fielen schon am alten Standort des Geschäfts an der Elsässerstrasse auf.

Mit Arnold Schwarzenegger hat das Gässlein einen prominenten Anwohner bekommen. Zu sehen ist er im neuen Computer- und Mobiltelefonladen (Foto: smi).
Geblieben ist auch der wohl versiffteste Supermarkt-Eingang der Stadt: Die Hintertüre zum «Spar» erinnert noch an die alten Zeiten vor dem Projekt «Unverschmiert schön» der Stadtreinigung.
Auch der finstere Tunnel, welcher die Ausgangsmeile Steine mit dem Sexshop verbindet, kontrastiert noch immer mit den schicken Schlitten, die dort stets parkiert sind. Weiter vorne, beim verspielten Fries, sieht’s dann aber geradezu steril und grau aus, bis die Wandmalereien beim Restaurant Kelim auftauchen. Es bleibt abzuwarten, welche Entwicklungen die verruchte Gasse nach all diesen Veränderungen durchmachen wird und ob sie auch in Zukunft als «Bronx» bekannt sein wird.
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Mehr über das Steinenbachgässlein und seine Geschichte: http://www.tageswoche.ch/de/2017_9/basel/744123/Reisef%C3%BChrer-durchs-versteckte-Basel-Teil-3.htm