Gelebte Toleranz – Wim Wenders’ «Pope Francis – A Man of His Word»
Wim Wenders – Ehrendoktor der Universität Fribourg sowie der Sorbonne und der Université catholique de Louvain ist er ja bereits. Nun hat er dem jetzigen Papst einen abendfüllenden Dokumentarfilm gewidmet, unter anderem finanziert vom Centro Televisivo Vaticano.
Papst Franziskus ist nicht nur der erste lateinamerikanische Papst, er ist auch der erste, dem ein Arthaus-Regisseur einen abendfüllenden Dokumentarfilm gewidmet hat. Wim Wenders verbindet dabei Interviews, found footage von Reisen und Auftritten des Papstes mit einigen Szenen aus dem Leben des Heiligen Franziskus (Franz von Assisi), nach dem sich der Jesuit Bergoglio (als erster Papst überhaupt!) benannt hat. Dabei entsteht ein immer wieder anrührendes Porträt eines Mannes, dem höchstens der hartherzigste Atheist den guten Willen (auch und gerade zur Veränderung) absprechen würde.

Franziskus ist der erste Papst aus Lateinamerika, der erste Papst aus Amerika und der erste Papst aus der südlichen Hemisphäre. (Bild: zVg)
Der Komiker und TV-Autor Bill Maher («Real Time with Bill Maher») hat vor einigen Jahren mit «Religulous» die Religion an sich aufs Korn genommen. Sein Fazit in dem von Regisseur Larry Charles («Borat», «Masked and Anonymous») gedrehten Film: die Religion bringt die Menschheit an den Rande des Wahnsinns und an den Rande der eigenen Auslöschung. Wim Wenders, u.a. Ehrendoktor der Université catholique de Louvain, wurde nun von einer Organisation, die einen positiveren Blick auf die Religion propagieren will, brieflich kontaktiert.
Wenders ist auf das Angebot des Vatikans (final cut inklusive!) eingegangen und legt einen überzeugenden Dokumentarfilm vor, der das positive Bild des Papstes natürlich voll und ganz bestätigt. Man fragt sich: wenn Trump, Orban und auch andere (demokratischer gesinnte) Politiker so gemässigt wären wie der Papst: die Welt wäre wohl eine bessere Welt, mit weniger Hass und mehr Liebe, mit mehr Umweltschutz und weniger Kapitalismus.
Wim Wenders Film wird umrahmt von Wenders eigenem Voice-over (in Basel auf Deutsch gesehen, im Original wohl auf Englisch), der Papst selber spricht vor allem Spanisch und Italienisch. Zurück aber zu Bill Maher: es ist eine wichtige Aufgabe, die Perversion der Religion beim Namen zu nennen. Wenn aber der hartherzige Maher selbst den Migranten und Truckern ihre Religion nehmen will und diese als verstockte Fundamentalisten darstellen will, dann tut er der Sache keinen gefallen. Papst Franziskus hingegen will auch Muslime, Juden, Atheisten und Homosexuelle nicht ausschliessen: so viel Toleranz würde man sich manchmal auch von atheistischer Seite wünschen…
Wenders wie Maher sind übrigens beide (zumindest teilweise) katholisch aufgewachsen; die Katholiken kommen denn auch in Mahers Film viel besser weg als alle anderen Konfessionen und Religionen. Für Wenders, der neben grossartigen Spielfilmen von «Alice in den Städten» bis «Land of Plenty» auch bereits als Dokfilmer auf sich aufmerksam gemacht hat (u.a. «Buena Vista Social Club», «Pina», «The Salt of the Earth»), ist natürlich sein Papst-Film auch eine Rückkehr zu seinen katholischen Wurzeln. Kein Wunder, denn Papst Franziskus überzeugt zweifellos Menschen mit ganz verschiedenen (konfessionellen) Hintergründen. Dazu wird wohl auch dieser Film etwas beitragen. Und ganz unabhängig von Religion und Politik: als Filmemacher beweist Wenders natürlich einmal mehr seine Meisterschaft.
«Pope Francis – A Man of His Word». Schweiz/Vatikan/Italien/Deutschland/Frankreich 2018. Regie: Wim Wenders. Dokumentarfilm, mit Papst Franziskus. Deutschschweizer Kinostart am 14. Juni 2018.
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