gesichtet #150: Dr. Dragula will keine Hausierer

Von Michel Schultheiss

Bars, Rotlichtschuppen und Diskotheken, die ihre Namen und Pächter schneller wechseln als sonst etwas. Schlagzeilen über Keilereien im Morgengrauen vor ebensolchen Spunten. Zudem wäre da der Birsigparkplatz erwähnen. Noch immer wird er nicht durch die diskutierte, aber versandete Offenlegung des Flusses weggespült und übernimmt somit weiterhin die Rolle des Hinterhofs in dieser Gegend.

Der Nachbarschaft in dieser Gegend ist eine gewisse Originalität nicht abzusprechen (Foto: smi).

Wahrlich geniesst die Steinentorstrasse mitsamt ihrer versteckten Welt dahinter nicht gerade den besten Ruf. Wenn gleich nebenan die «Staine» als kleine Agglo- und Touristen-Disneyland der Gastroketten fungiert, übernimmt die Parallelstrasse so etwas wie den rüden Part in der Gegend. Auch wenn die Gegend nicht mehr Stadtgespräch wie noch in den frühen Neunzigerjahren, als Geschichten über die «Steine-Jugend» die Runde machen: Die Ausgangsmeile Steinenvorstadt hat nach wie vor ihre schattigen Vorgärten. Zum einen wäre da die teilweise der Aufwertung anheim gefallene «Bronx», zum anderen eben die weit belebtere und dennoch etwas anrüchige Steinentorstrasse. Ein ehemaliger Baselbieter Unternehmer klagte einmal bei einer Podiumsdiskussion darüber, stets vom Parking herkommend als erstes diese «Visitenkarte» Basels sehen zu müssen.

Wo es noch keine Wohnungsnot, dafür aber noch Hausierer gibt (Foto: smi).

Dabei hat diese Strasse in Basel durchaus ihre positiven Seiten. So verpflegt sie mit ihrem «Steine Grill» so manch einen hungrigen Ausgangsheimkehrer. Zudem gibt’s noch eine dieser unbeachteten Passagen zum Birsigparkplatz die nicht selten durch Wandbehang glänzen. Eine davon hat ihre legendären Kopfüber-Plakate und Zebrastreifen, die hier noch verewigte langjährige Installation «Luege lose laufe» mittlerweile verloren. Dafür gibt’s  in einem der namenlosen Fussgängertunnel etwas zu sehen:

Eine der schummrigen, aber geschmückten Passagen zum einstigen offenen Birsiglauf… (Foto: smi).

Die Stärke der Steinentorstrasse ist wohl, dass es ihr egal zu sein scheint, für wie peinlich sie manche halten. Das samstägliche BMW-Defilee vorbei an der Tramhaltestellen und durch das Nadelöhr des Birsigparkplatzes gehört zur Szenerie. Das grösste Bijou dieser Strasse ist aber vor allem das eine Haus. Schon grosse weisse Schilder machen schnell einmal klar, dass es sich um eine Besonderheit handeln muss. Basel mag noch so von Wohnungsnot geplagt sein: Hier ist immer etwas ausgeschrieben. Auch sonst scheint es in diesem Haus noch einen Hauch von Nostalgie zu geben. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, dass Hausierer hier nicht willkommen sind.

… die in eine der Rampen eines samstäglichen Auto-Defilees führen (Foto: smi).

Die Bewohner tragen hier Namen wie Ap. 1, 2, 3 oder «Studio El Diamante». Bekanntlich leben ja Bekanntheiten wie Robbie Williams, Julia Roberts und Michael Jackson an der Schlettstadterstrasse. Somit sollte es auch möglich sein, dass ein oder eine Dr. Dragula in der Steinegegend haust. Ist’s eine Hommage an einen Industrial-Song von Rob Zombie  oder an das Auto aus einer alten Comedy-Serie? Oder haust hier gar ein verkleidungsfreudigen Vampir? Ob das mit ein Grund ist, weshalb hier so oft Wohnungen neu ausgeschrieben sind, bleibt ebenfalls ein Rätsel.


%d Bloggern gefällt das: