Steidlville Calling

Gerhard Steidl ist eine Art Globetrotter in Sachen Kunstbuch – lebt und wohnt aber immer noch in Göttingen, Düstere Str. 4. Diese Gegensätze vereinen auch die von Steidl verlegten Bände in sich: es handelt sich um traditionelle Bücher, die aber ganz nah am Puls der Zeit sind – und wer weiss, vielleicht sind Steidls Kunstbücher die einzigen gedruckten Medien, die wirklich noch Zukunft haben.

Der 1950 geborene Gerhard Steidl ist der Sohn eines einfachen Hilfsarbeiters; paradoxerweise hat ihm genau das aber am Anfang seiner Karriere geholfen: als Angestellter in einer Druckerei hatte Steidl Senior Zugang zu Materialien und wohl auch Informationen, die dem jungen Gerhard beim Start seiner Karriere als Verleger halfen.

 

 

Im bedeutungsschwangeren Jahr 1968 hat Gerhard Steidl seinen Verlag gegründet. Anfänglich spezialisierte sich Steidl auf den Druck von Grafiken und Plakaten für Künstler wie Joseph Beuys und Klaus Staeck. 1972 erschien das erste Buch, «Befragung der documenta». Politische Sachbücher, Literatur sowie ausgewählte Kunst- und Fotografiebände folgten. Seit 1996 erscheint im Steidl Verlag ein Fotobuchprogramm, das sich an ein internationales Publikum richtet.

Perfekt wie ein Steidl-Buch

Im sehr schön, sehr sorgfältig gemachten Film von Gereon Wetzel und Jörg Adolph sehen wir denn auch, wie Steidl mit internationalen Fotografen wie Joel Sternfeld, Khalid Al-Thani und Robert Adams  zusammenarbeitet. Wir sehen auch die Arbeit im Verlag selbst, Steidl zusammen mit Günter Grass oder bei der IG Metall. Alle, die mit Steidl arbeiten, wissen, dass bei ihm nur die allerbeste Qualität gut genug ist. Und sie hören auf seinen Rat; besonders interessant sind die Unterredungen zwischen Steidl und Sternfeld.

Kurz und gut: ein geradezu perfekter Dokumentarfilm über ein Thema, das ausserhalb des Kunstbetriebs wohl doch eher nur selten rezipiert wird. Fast so schön wie ein Buch von Steidl vielleicht… und auch wenn das gedruckte Buch vom Massenmarkt verschwindet: Steidl wird immer noch da sein.


«How to Make a Book with Steidl» Deutschland 2010. Regie: Gereon Wetzel und Jörg Adolph. Dokumentarfilm.  Basler Premiere am 8.11.2012 (Stadtkino Basel).


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