Suche nach Identität
Mit 10 Jahren ist Fátima aus der Westsahara nach Spanien zu ihrer Pflegefamilie gekommen. Als erwachsene Frau kehrt sie zurück in ihre alte Heimat – zur Beerdigung ihrer leiblichen Mutter.
Eigentlich ist es aber gar keine Rückkehr in die Westsahara selbst, sondern in einen Teil der Sahara, der zu Algerien gehört. Die algerische Regierung hat den Sahrauis – so heissen die ursprünglichen Bewohner der Westsahara – dieses Gebiet zur Verfügung gestellt wurde.
Tindouf, so heisst die Wilaya (Provinz) in Algerien, wo nun die Regierung der Westsahara angesiedelt ist. Dort leben auch Jatri, Fátimas Bruder und dessen Frau Aichetu. Fátima, die in der Westsahara Fatimetu heisst, soll sich nun um ihre gehbehinderte Schwester Hayat kümmern. Eigentlich wollte sie schon lange wieder zurück nach Spanien – doch irgendwie lebt sie sich in ihre Rolle ein; sie kauft sich einen gebrauchten Geländewagen und lebt von den Kurierdiensten, auf denen sie ihre Schwester Hayat begleitet.
Die Westsahara ist – wie viele andere Teile der Welt – nie wirklich dekolonisiert worden: Nach dem Rückzug Spaniens wurde das Land zwischen Marokko und Mauretanien aufgeteilt, die Wünsche der Sahrauis nach einem eigenen Land wurden nicht erhört. Und auch heute noch ist der Grossteil des Landes marokkanisch besetzt; nur der äusserste Osten und Süden wird von der Frente Polisario (Frente Popular para la Liberación de Saguía el Hamra y Río de Oro) verwaltet.

Pedro Pérez Rosados Film wirft einen Blick in das Leben dieser – etwa verglichen mit den Palästinensern – weniger bekannten Volksgruppe, die um Eigenstaatlichkeit ringt; zudem ist es auch die Geschichte einer Frau zwischen zwei Kulturen, die Geschichte einer Suche nach einer Identität – und die ganz persönliche Geschichte einer Trauer.
Auf das Thema Westsahara hat Pérez Rosado übrigens wohl kein Geringerer als Subcomandante Marcos gebracht. Rosado hat sich bereits in seiner Jugend gegen den Faschismus in Spanien eingesetzt. Politisch engagiert ist er auch noch heute; und er denkt, dass sich das spanische Kino in diesen Tagen der Krise stärker an Lateinamerika und Europa anlehnen muss. Der spanische Regisseur, der lange in der Werbung gearbeitet hat, hat sich bereits 2004 dem Thema Westsahara gewidmet, mit seinem ersten Spielfilm «Cuentos de la guerra saharaui». In seinem zweiten Spielfilm «Agua con sal» ging es um das Schicksal einer kubanischen Migrantin in Spanien. Mit «Wilaya» kehrt nun nicht nur Fátima, sondern auch Pérez Rosado zurück in die Westsahara.
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«Wilaya». Spanien 2012. Regie: Pedro Pérez Rosado. Mit Nadhira Mohamed, Memona Mohamed, Aziza Brahim, Ainina Sidagmet, Mohamed Moulud, Lasria Gasem Mohamed, Buyema Fateh Lahsen u.a. Basler Kinostart: 6.12.2012.
