Flucht vor dem Bösen – Nathan Morlandos «Mean Dreams»
Ein junges Paar, noch im Teenageralter, auf der Flucht vor den Cops. Nathan Morlandos Film ist ein schön gemachter, spannender und poetischer Film, der irgendwo im Niemandsland im Mittleren Westen spielt, an einem Ort, wo die Menschen alle Hoffnung verloren haben.
Irgendwo im Niemandsland im Norden der USA. Casey Caraway (Sophie Nélisse) ist soeben mit ihrem Vater Wayne (Bill Paxton), seines Zeichens Gesetzeshüter, in der Provinz eingetroffen. Sie freundet sich mit dem einheimischen, etwa gleichaltrigen Jonas (Josh Wiggins) an. Doch Papa Wayne hat andere Pläne für seine Tochter: er gibt Jonas die Wahl, zu verschwinden – ansonsten verspricht er, dessen Familie das Leben zur Hölle zu machen…
Nathan Morlandos Film ist spannend, betört aber auch mit schönen Naturbildern. Anders als Terrence Malick in «Badlands» verzichtet er dabei auf jegliches Voice-Over. Morlandos Film ist perfekt gemacht, die Kunstfertigkeit stellt er aber in den Dienst der Story. Und die kann für sich selber stehen. Ob darin ein spezifisch kanadischer Blick auf den Nachbarn im Süden zum Ausdruck kommt? Jason Eisener hat in «Hobo with a Shotgun» Nordamerika als Hölle gezeigt, in der das Verbrechen regiert. Auch hier sind die Gesetzeshüter selber bis in die Knochen korrupt; in Kanada gibt es zwar sicher auch Missstände, diese sind aber (zumindest scheinbar) gänzlich ungeeignet für einen Genrefilm, in dem das Böse Teil der Geschichte ist. Denys Arcand hat zwar in «Les invasions barbares» die Macht der Gewerkschaften kritisiert, doch ein Film wie «Mean Dreams» hat natürlich einen ganz anderen Anspruch.
In seinem ersten Film («Citizen Gangster») hat Morlando allerdings bezeichnenderweise die Geschichte eines realen kanadischen Kriminellen erzählt! Morlandos zweiter Film ist perfekt besetzt – Bill Paxton (1955-2017) ist hier in einer seiner letzten Rollen zu sehen; die Drehbuchautoren Kevin Coughlin und Ryan Grassby legen hier ihr erstes Drehbuch vor. Die Kanadierin Sophie Nélisse ist bekannt aus «Monsieur Lazhar» und «The Book Thief»; auch Josh Wiggins war bereits in einigen Filmen zu sehen. «Mean Dreams» ist eine schön umgesetzte Fabel über den Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Jung und Alt; eine stimmungsvolle Mischung aus Coming-of-age-Drama und Thriller. Gerade die Bösen – der Cop Wayne Caraway und sein Boss (Colm Feore) überzeugen dabei voll und ganz. Das Böse ist hier nicht vor allem witzig, sondern wirklich furchteinflössend real.
«Mean Dreams». Kanada 2017. Regie: Nathan Morlando. Mit Sophie Nélisse, Josh Wiggins, Joe Cobden, Bill Paxton, Vickie Papavs, Colm Feore u.a. Ab 9. Juni 2017 nur im Filmclub B-Movie, www.b-movie.ch
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