Das Leben selbst

In ihrem ersten Spielfilm erzählt Rama Burshtein die Geschichte von Tod und Liebe im chassidischen Milieu in Tel Aviv – ein bewegender Film über Menschen und das Recht auf eigene Bilder.

Yochay (Yiftach Klein) hat soeben seine Frau (Renana Raz) verloren. Sie ist im Kindsbett verstorben. Der Witwer – Vater eines kleinen Buben –  trauert und ist nicht bereit zu einer neuen Heirat. Doch ganz verschliessen kann er sich dem Gedanken an eine neue Ehe auch nicht. Shira (Hadas Yaron), die jüngere Schwester seiner verstorbenen Frau, erscheint als ideale Kandidatin, doch sie ist hin- und hergerissen. Die rothaarige Frida (Hila Feldman) wiederum wartet schon lange auf einen Mann. Doch Yochay überlegt sich, stattdessen zu einer Frau nach Belgien zu ziehen.

lemaleethachalal

Rama Burshtein hat einen starken Film vorgelegt, der nie langweilig wird, obwohl ja im Grunde genommen nicht viel passiert (Bild: zVg)

Die 1967 in New York geborene Rama Burshtein hat während ihres Studiums zur Religion gefunden. Nun ist sie die erste orthodoxe Filmemacherin in Israel – und natürlich auch die erste chassidische. «Fill the Void» oder auf Hebräisch «Lemale et ha Chalal» ist ein einfühlsamer Film, in dem es vor allem um Menschen geht. Menschen und ihre Wünsche und Träume, Tod und Wiedergeburt. Inspiriert von Jane Austen hat Rama Burshtein, die ihren Erstling ihrem Mann gewidmet hat, einen starken Film vorgelegt, der nie langweilig wird, obwohl ja im Grunde genommen nicht viel passiert. Wobei der Film natürlich auch einen seltenen Einblick in das chassidische Milieu bietet; in eine Welt, in der der Rebbe quasi als Sozialstaat funktioniert – Armut ist in Israel ein echtes Problem, gerade auch unter den Orthodoxen. Vielleicht ist der grösste Graben in Israel denn auch der zwischen Säkularen und Religiösen – Rama Burshtein zeigt aber, dass auch Letztere nur Menschen sind; Menschen mit all ihren Träumen, mit ihren Stärken und Schwächen. Insofern ist ihr Film wohl auch ein Beitrag zum gerade im Moment schwierigen Dialog zwischen laizistisch Gesinnten und Religiösen. Sicherlich ist  «Lemale et ha Chalal» im Grunde genommen kein kritischer Film; Burshtein geht es aber um etwas Anderes: um das Recht, den orthodoxen Juden eine eigene Stimme zu geben. Eine wichtige Aufgabe, die auch für Aussenstehende nachvollziehbar sein muss.

«Lemale et ha Chalal».  Israel 2012. Regie: Rama Burshtein. Mit Hadas Yaron, Hila Feldman, Renana Raz, Yiftach Klein, Irit Sheleg, Melech Thal u.a.  Deutschschweizer Kinostart: 21.3.2013

2 Gedanken zu “Das Leben selbst

  1. Workaholic

    Ein ausgezeichneter Artikel, der Lust auf einen Kinobesuch macht, definitiv!

    Nur eine Frage: Was heisst eigentlich „der Rebbe“?

    Wurde aus der Lektüre nicht ganz klar.

  2. nds Artikel Autor

    Danke! Rebbe ist das jiddische Wort für Rabbi!

    Oder noch besser (so steht es im Jiddischen Wörterbuch von DUDEN): “chassidischer Rabbiner”!

    Der Chassidismus stammt aus Osteuropa, deshalb sind in FILL THE VOID einige jiddische Wörter zu hören …


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