Bens Reise – Caroline Links «Exit Marrakech»

Ben (Samuel Schneider) lebt im Internat. Der Direx (Josef Bierbichler) gibt ihm eine Aufgabe mit in die Ferien, die er bei seinem Vater in Marokko verbringen wird: er soll das Leben in vollen Zügen geniessen! Und genau das hat Ben auch vor.

Der langweilige Papa Heinrich (Ulrich Tukur) steht da nur im Wege. Ben freundet sich mit einer Prostituierten namens Karima (Hafsia Herzi) an und besucht mit ihr deren Eltern in den Bergen. Bei Heinrich läuten die Alarmglocken und er versucht alles, um den Sohnemann wiederzufinden.

Papa Heinrich und Sohn Ben versöhnen sich. (BIld: zVg)

Papa Heinrich und Sohn Ben versöhnen sich. (BIld: zVg)

Caroline Links neuer Film – auch das Drehbuch stammt von ihr – ist ein Film der Gegensätze. Der Gegensatz zwischen Nord und Süd, zwischen Europa und Afrika, zwischen «rich boy» Ben und der «Hure mit Herz» Karima, die ihre Familie ernähren muss, nicht zuletzt der Gegensatz zwischen dem desillusionierten – und desillusionierenden –  Vater und dem Sohn, der sich mit seinem meist abwesenden Vater und dessen neuer Familie versöhnen muss. Am Schluss sehen wir Ben, der seine neue Halbschwester kennenlernt.

Insofern erzählt der Film die gleiche Story wie «Same Same But Different», nur ist hier die neue Familie nicht die aussereuropäische, sondern die Zweitfamilie des Vaters. In «Same Same But Different» geht es um die Begründung einer neuen europäisch-asiatischen Familie, hier hat Karima nur die Aufgabe, Ben zu zeigen, was Liebe zur eigenen Familie heisst. Trotzdem will Caroline Link auch aufzeigen, wie problematisch das Verhältnis von Nord und Süd ist. Gerade so, wie Ben sexuelle Erfahrungen sammelt, so benützt Vater Heinrich auch das fremde Land, um seine Kunst – er ist Regisseur – einem wohlhabenden Publikum in einem armen Land näherzubringen. Indirekt profitieren beide von der Armut. Während andere sich im Underground künstlerisch betätigen müssen und ihr Geld als Prostituierte verdienen müssen kann sich Heinrich ins Hotel zurückziehen und die «Emilia Galotti» ganz ungestört inszenieren. Dabei liest er Paul Bowles und erinnert sich ans – in seiner Vorstellung – wahre Marokko, wie es Bowles beschreibt. Kurz und gut: ein solider Film, der einige Fragen aufwirft. Die Musik stammt übrigens vom Basler Niki Reiser (wie immer bei Link und auch Dani Levy); und auch Sounds aus dem Hause von Barraka El Farnatshi (dem marokkanisch-schweizerischen Label des Baslers Pat Jabbar) sind zu hören.

«Exit Marrakech»  Deutschland 2013. Regie: Caroline Link. Mit Samuel Schneider, Hafsia Herzi, Ulrich Tukur, Marie-Lou Sellers, Josef Bierbichler u.a. Deutschschweizer Kinostart: 7.11.2013.

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