Mortui veloces sunt – «Dario Argento’s Dracula» (DVD-Review)

Dario Argento bestätigt seinen Ruf als Schlockmeister mit seiner Verfilmung von Bram Stokers berühmtem Vampirroman. Wichtiger als Stokers Vorlage ist für Argento aber der Hammer-Dracula. Und Thomas Kretschmann liess sich von Bela Lugosi inspirieren.

Tanya (Miriam Giovanelli) und Milosh (Christian Burruano) treffen sich im Geheimen. Auf dem Heimweg wird Tanya von Dracula vampirisiert. Kurz darauf trifft der junge Bibliothekar Jonathan Harker (Unax Ugalde) in Passburg ein. Er hat bei Graf Dracula (Thomas Kretschmann), dessen Schloss in der Nähe liegt, eine Stelle gefunden. Seine Frau Mina (Marta Gastini) ist zu Gast bei Bürgermeister Kisslinger (Augusto Zucchi) und seiner Tochter Lucy (Asia Argento). Doch sie wartet vergebens auf ihren Mann…

(Bild: zVg)

(Bild: zVg)

Dario Argento liess sich für seinen ersten 3D-Film (DVD in 2D) von «Horror of Dracula» (1958) inspirieren, aber auch Spuren von Coppolas Dracula-Film und Bela Lugosis Interpretation des Vampirs sind zu finden. In stilistischer Hinsicht ist der Film aber ein echter Argento, mit übersatten, irreal wirkenden Farben (die allerdings eher an Guy Maddins «Twilight of the Ice Nymphs» erinnern) und zum Teil wirklich lachhaften (humoristisch oder selbstreferenziell gemeinten?) Dialogen. Das Drehbuch hat Argento zusammen mit Enrique Cerezo, Stefano Piani und Antonio Tentori geschrieben. Neben Coppola, Fisher und Browning sind auch Spuren von Stokers postum veröffentlichter Kurzgeschichte «Dracula’s Guest» zu finden: so heisst Draculas verstorbene Frau hier Dolingen De Gratz. Auch die Grabinschrift, die Stoker aus Bürgers Lenore übernommen (bzw. abgewandelt) hat, ist auch hier (in lateinischer Form) präsent: «Mortui veloces sunt». Das Zitat erscheint an anderer Stelle auch im Roman.

Wie bei Coppola und vorher bei Dan Curtis (Fernsehfilm, 1972) erinnert Mina (bzw. Lucy) den Grafen an seine verstorbene Frau, die hier aber anders als bei Coppola nicht Elizabeta heisst. Der Name Tanja taucht auch in der Hammer-Version von Terence Fisher auf, und auch hier ist – wie in der Hammer-Version – das Grauen direkt in der Nachbarschaft angesiedelt; Lucys Vater ist hier sogar der Bürgermeister; es gibt hier also hier keinen fundamentalen Gegensatz zwischen England und Transsilvanien. Einziger Hinweis auf England: Van Helsing, hier dargestellt von Rutger Hauer, war Arzt in einer Irrenanstalt in Carfax.  Neben den Farben und der ungewöhnlich offenherzigen Darstellung der Sexualität auch typisch Argento: der Graf kann sich hier auch in Insekten verwandeln. Dario Argento legt mit seinem 3D-Dracula (dessen 3D-Qualitäten an dieser Stelle nicht besprochen werden können, da die DVD nur eine 2D-Fassung enthält) eine durchaus originelle Abwandlung vor und mehr noch als bei Hammer ist hier das Grauen ein vertrautes Element, das in der eigenen Nachbarschaft lauert. Schliesslich wurde der Film auch in Italien und Frankreich (und Spanien?) gedreht. Fordert also der Zeitgeist nach dem vermeintlich so rumänischen Dracula bei Coppola (und vorher bei John Badham) einen weniger exotischen Dracula in Form des deutschen Thomas Kretschmann? Oder vielmehr: aus italienischer Sicht ist nicht das Rumänische, sondern das slawische und germanische Element wirklich exotisch. Und genau das kommt in diesem witzigen Film, der leider an miesen CGI krankt, zum Ausdruck.

«Dario Argento’s Dracula». Italien/Frankreich/Spanien 2012. Regie: Dario Argento.  Mit Asia Argento, Thomas Kretschmann u.a. Bereits erschienen auf DVD.


%d Bloggern gefällt das: