gesichtet #11: Das tote Café

Von Michel Schultheiss

Eigentlich handelt es sich beim heutigen Foto bereits um Archivmaterial: Die abgebildeten Wirtshausschilder wurden inzwischen entfernt. Doch das Café, das nun mehr als nur scheintot ist, machte schon während Jahren einen ziemlich leblosen Eindruck. Es verharrte lange in diesem gespenstischen Zustand an der Basler Feldbergstrasse. Gegensätze ziehen sich an diesem ansonsten belebten Ort besonders an: Mitten in der zur hippen Ausgangsmeile mutierten Strasse mag es geradezu exotisch anmuten, dass ein Lokal den Namen «Kaffi zem Waijebläch» trägt. In Nachbarschaft zu Agora-, Lady- und Friends Bar sowie zahlreichen Kebab-Imbissläden scheint das Café wie von einem anderen Stern zu sein.

Gleich gegenüber, beim alten Tramhäuschen, stand bis vor einem Jahr das Freiraumprojekt «Provisorische Tramhaltestelle». Wie ein Provisorium wirkte auch das Café, wenn das auch die Besucher des kulturellen Lebens der Strasse nicht sonderlich interessiert haben dürfte. Das gastronomische Fossil mit dem gutbürgerlich und heimelig klingenden Namen zog nicht besonders viel Leben an. Und das war offensichtlich auch so gewollt: An der Eingangstür wies ein Schild darauf hin, dass das «Restaurant» geschlossen sei, es aber jeweils am Mittwochmorgen eine «Stubete» für Stammgäste gebe.

Waijebläch

Mitten in der zur hippen Ausgangsmeile mutierten Strasse mag es geradezu exotisch anmuten, dass ein Lokal den Namen «Kaffi zem Waijebläch» trägt (Foto: smi)

Einiges bekannter und immer wieder im Stadtgespräch ist der Computerladen unmittelbar daneben, welcher in seinen Schaufensterauslagen zum Beispiel ein vergilbtes Windows 98-Handbuch feilbietet. Vergleichsweise wenig Beachtung findet dagegen das «Waijebläch», dessen kulinarisches Angebot im Verborgenen bleibt. Ob dort jemals eine feine Apfel- und Zwetschgenwähe serviert wurde, ist nicht bekannt. Jetzt, da auch sein Wirtshausschild weg ist, stellt sich die Frage, was nun in die Fussstapfen des mysteriösen Lokals tritt. Wird dem alten Café eines Tages – wie in der in weiten Kreisen so gerne geführten Hipster-Debatte festgestellt wird – eine junge und urbane Note verpasst? Das ironische Spielen mit dem Kitsch und die modische Zurechtbiegung des vermeintlich Authentischen sind schliesslich oft ein Thema in Szenenlokalen. Daher wäre es ja denkbar, dass das «Waijebläch» – in Abgrenzung der bereits schon viel zu bekannten anderen Lokalen – unter dem bisherigen originellen Namen weitergeführt wird, allerdings mit einer szenengerechten Aufwertung. Vielleicht kann das tote Café noch auf diesen Zug aufspringen und dereinst wird eine saftige Aprikosenwähe mit einem Club-Mate heruntergespült.

3 Gedanken zu “gesichtet #11: Das tote Café

  1. Scarpa ameriho

    Hallo ist dise. Caffè zem Waijeblach nicht xi vermieten?
    Ich werden eine schön italienische caffè machen
    Danke

  2. smi Artikel Autor

    Hallo Scarpa Ameriho
    Also seit einiger Zeit ist das Café ganz tot. Nun ist nicht einmal mehr das Waijebläch-Schild zu sehen. Keine Ahnung, ob es zu vermieten ist. Gruss. smi


%d Bloggern gefällt das: