Manifestation des Glaubens – Nadim Abdel Messeeh «La Vierge, les Coptes et moi»
Der Dokumentarfilmer Namir Abdel Messeeh hat seinen Glauben schon lange verloren. Trotzdem will der koptischstämmige Franzose einem Phänomen auf dem Grund gehen: den Marienerscheinungen in seiner alten Heimat Ägypten. Namirs Mutter ist von ihnen überzeugt. Im Kreise der Familie sieht sie die Erscheinung auf VHS – Namir hingegen sieht gar nichts. Er macht sich auf nach Ägypten, redet mit koptischen Geistlichen, kommt aber bald an seine Grenzen: weshalb sollen sie ausgerechnet ihm, dem Ungläubigen, auf die Sprünge helfen? Also geht er von der Stadt aufs Dorf, wo die armen Verwandten seiner Mutter leben. Da ihm die Muttergottes nicht erschienen ist, entscheidet er sich, mit den DorfbewohnerInnen eine filmische Erscheinung zu inszenieren…
Der Name Ägypten geht via Lateinisch und Griechisch auf das altägyptische «Heimstatt (Sitz) des Kah (der Seele)» des Ptah zurück – die Religion ist also schon im Namen des Landes eingeschrieben. Im heutigen Namen, dem arabischen Miṣr, lebt allerdings eine (prosaischere) semitische Wurzel weiter, die auch im hebräischen Namen des Landes, Mitzrayim («die Länder»), zu finden ist. In diesen zwei verschiedenen Namen spiegelt sich auch die tiefe Spaltung des Landes wieder: zwischen Arabern und Kopten, Muslimen und (koptischen) Christen. (Daneben gibt es auch noch eine kleine christlich-arabische Minderheit in Ägypten). Diese Spaltung spielt in «La Vierge, les Coptes et moi» auch eine Rolle, gerade so wie die Spaltung zwischen Laizismus und Religion. Die Kopten, so Abdel Messeeh, sehen sich als die Nachkommen der Pharaonen; sein Vater verweist denn auch auf die Parallelen zwischen Isis und Maria. Die Mutter wiederum meint: vielleicht genüge es ja, zu glauben – und Abdel Messeeh glaubt, wenn auch nicht an die Religion so doch an den Film, ans Kino. Dass er mit Verwandten und anderen Menschen aus dem Dorf also einen Film dreht, den sie am Schluss zusammen anschauen ist mehr als sinnig: gibt es denn ein schöneres Bild für den Glauben als das Kino selbst? Da passt es auch, das Abdel Messeehs Nachname «Diener des Gesalbten» heisst. Ein weiterer Verweis auf die Religion – auch wenn Abdel Messeeh wie gesagt vor allem ans Kino glaubt und weniger an Jesus. Aber vielleicht schliesst ja das eine das andere nicht aus…
«La Vierge, les Coptes et moi». Frankreich/Qatar/Ägypten 2011. Regie: Nadim Abdel Messeeh. Deutschschweizer Kinostart: 11.12.2013 im Stadtkino Basel.
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