Suche nach Freiraum – Tomasz Wasilewskis «Floating Skyscrapers»
Kuba (Mateusz Banasiuk) ist ein As. Er schwimmt und hat gute Aussichten auf eine professionelle Karriere als Sportler. Zusammen mit seiner Freundin Sylwia lebt er bei seiner Mutter Ewa (Katarzyna Herman). Da kann es schon mal vorkommen, dass Mama die zwei beim Sex unterbricht und nach einer Massage verlangt. Aber eigentlich interessiert sich Kuba eh nicht sonderlich für Frauen – dafür sehr für die Männer, mit denen er zusammen trainiert. Bei einer Vernissage lernt er den schwulen Michal (Bartosz Gelner) kennen – und lieben. Michals Vater weiss – genauso wie Kubas Mutter – nichts von seiner Homosexualität. Und auch Sylwia ahnt lange nichts…
Nach «W imie» ist Tomasz Wasilewskis «Floating Skyscrapers» ein weiterer Film aus Polen zum Thema Homosexualität – was nicht verwundern darf, denn die katholische Kirche hat in Polen nach der Wende immer mehr an Einfluss verloren. Deshalb ist es heute möglich, auch so heikle Themen wie Homosexualität zu verhandeln. Anders aber als im französischen Film «L’inconnu du lac» leben hier die Protagonisten nicht offen schwul – es ist eine schwierige Identitätsfindung, vor der sich vor allem Kuba lange gefürchtet hat. Anders als in rechtskonservativen Kreisen behauptet verschwindet die Homosexualität eben nicht – die Menschen müssen mit ihr leben. Das machen sie natürlich auf ganz verschiedene Arten, je nachdem, wie die Gesellschaft auf schwules oder lesbisches Leben reagiert. Kuba versucht zwar, seine Homosexualität verborgen zu leben, doch durch die Gefühle, die er und Michal füreinander empfinden, ist ihm das nicht mehr möglich.
Die enge Beziehung zwischen Kuba und seiner Mutter mag etwas klischiert wirken. Andererseits ist es dem Film natürlich hoch anzurechnen, dass er eben nicht einfach Klischees der Homosexualität entwirft wie etwa im Oscar-Gewinner «The Dallas Buyers Club». Vielleicht sagt Kubas enge Beziehung zu seiner Mutter auch mehr über ihn aus als über seine Mutter. Sicher mag er Sylwia, wie auch seine Mutter. Er liebt aber Michal; erst mit ihm findet seine Sexualität Erfüllung. Das die polnische Gesellschaft dies aber nicht oder noch nicht akzeptiert, macht Regisseur und Drehbuchautor Tomasz Wasilewski mit seinem Film unmissverständlich klar. Wie in «W imie» müssen sich die Schwulen hier Freiräume erst noch suchen.
«Plinace wiezowce». Polen 2013. Regie: Tomasz Wasilewski. Mit Mateusz Banasiuk, Marta Nieradkiewicz, Bartosz Gelner, Katarzyna Herman, Olga Frycz u.a. Deutschschweizer Kinostart: 8.5.2014.
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