Never on Shabbat – John Turturros «Fading Gigolo»
Murray Schwartz (Woody Allen) muss seine antiquarische Buchhandlung, ein Laden für «rare books», also seltene Bücher, schliessen. Da kommt ihm eine geniale Idee: sein Freund Fioravante (John Turturro) könnte doch als Gigolo arbeiten, Murray kann ihm die Kunden vermitteln – gegen eine «kleine» Provision versteht sich. Das Business boomt – doch als Fioravante, genannt Virgil die ultraorthodoxe – genauer: chassidische, aus dem Hause Satmar – Witwe Avigal (Vanessa Paradis) kennen lernt, kommen dem «Italian Stallion» doch einige Zweifel an seinem Tun. Aber nicht nur Fioravante, sondern auch der chassidische «Community-Polizist» Dovi (Liev Schreiber) interessiert sich für die schöne Avigal…
Jules Dassin, prononciert linker US-amerikanischer Filmemacher mit jüdisch-russischen Wurzeln, hat zusammen mit seiner zweiten Frau Melina Mercouri eine Komödie in Griechenland gedreht – der Titel: «Never on Sunday», auf griechisch «Poté tin kyriakí». Das Thema: Prostitution. Nun hat sich John Turturro desselben Themas angenommen – und wie sein Vorfahre Jules Dassin auch gleich das Drehbuch geschrieben und die Hauptrolle übernommen. Und wie Dassin ist auch «Fading Gigolo» ein politischer Film – in einem gewissen Sinne. Beide Filme sind auf jeden Fall zutiefst menschliche Dokumente, die zumindest teilweise vor dem Klischee und einer gewissen Verharmlosung des Themas Prostitution nicht zurückschrecken. Dabei wird natürlich der Humor gross geschrieben. Avigal, die einen von Murrays Söhnen entlaust, meint, die meisten Männer seien viel zu säurehaltig («acidic») für die Läuse – Papa Mo versteht aber «hasidic», also chassidisch. Hier – gerade auch in solchen witzigen Details – zeigt sich Turturro nicht zuletzt als gelehriger Schüler Woody Allens.
John Turturros neuer Film hat also viel mit Woody Allens Stil zu tun – obwohl Woody Allen in seinen Filmen das orthodoxe Judentum wohl nie so versöhnlich dargestellt hat wie Turturro in seinem vierten Spielfilm als Regisseur (seinem fünften Film als Regisseur – sein letzter Film war ein Dokumentarfilm). Auch ist Woody Allen hier als Schauspieler wohl zum ersten Mal fest mit einer afroamerikanischen Dame namens Othella (sic) liiert – die Kinder nennen ihn Papa Mo oder Uncle Mo. Der antirassistische Duktus ist aber auch in Woody Allens Filmen immer wieder unübersehbar. Turturros Vision ist aber zweifellos eine weniger zweifelnde – eine lebensbejahendere als die oft düsteren Visionen Allens.
«Fading Gigolo». USA 2013. Regie: John Turturro. Mit John Turturro, Woody Allen, Vanessa Paradis, Liev Schreiber, Sharon Stone, Sofia Vergara, Bob Balaban u.a. Deutschschweizer Kinostart: 8.8.2014.
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