Ein Junge und sein Hund – Peter Chelsoms «Hector and the Search for Happiness»

Peter Chelsoms neuer Film befriedigt weder als Komödie noch als Drama. Man muss ihn als Märchen akzeptieren, verfilmt von einem Routinier.

Der englische Psychotherapeut Hector (Simon Pegg) lebt so in den Tag hinein – immer dieselben Routinen, dieselben langweiligen Erzählungen seiner PatientInnen. Da kann auch seine Freundin Clara (Rosamund Pike) nicht helfen. Was Hector braucht, ist eine grosse Reise zur Suche nach dem Glück. Was macht die Menschen glücklich? Auf dem Flug nach Shanghai lernt er den Businesstypen Edward (Stellan Skarsgaard) kennen, der viel Geld hat und auch weiss, wie man es richtig ausgibt. Ob er das Glück kennt? Weitere Stationen seiner Reise und Suche sind Indien, das südliche Afrika und schliesslich Los Angeles, wo eine frühere, unterdessen glücklich verheiratete Freundin (Toni Collette) lebt.

Liebling, ich hab die Kinder geschrumpft: Simon Pegg und Rosamunde Pike. (Bild: zVg)

Liebling, ich hab die Kinder geschrumpft: Simon Pegg und Rosamund Pike. (Bild: zVg)

Regisseur Peter Chelsom ist vor allem eins: ein Routinier. Wer das weiss, sitzt hier im richtigen Film. Zwar stimmt es, das Chelsom mit seinem gefeierten Zweitling «Funny Bones», einem absolut einzigartigen Werk, ganz andere Erwartungen geweckt hat – ähnlich wie sein amerikanischer Kollege Bryan Singer mit seinem Début «The Usual Suspects». Doch auch Singer ist unterdessen vor allem eins: ein Routinier. Was nicht heisst, dass die zwei ihre Filme nicht sorgfältig aussuchen. Dies trifft hier auf jeden Fall zu, denn «Hector and the Search for Happiness» ist nicht nur die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers des Franzosen François Lelord, sondern auch vor allem ein gut gemachter Film über grosse menschliche Themen, über den westlichen Überfluss, über die Armut im Süden, über Drogenhandel, über allgemeinmenschliche Probleme, die zumindest den reichen Drogendealer Diego (Jean Reno) (bzw. dessen Frau) ebenso umtreiben wie Hectors PatientInnen. Lelord ist selber Psychotherapeut – Simon Pegg allerdings, die filmische Inkarnation seiner Hauptfigur, nimmt man das keinen Moment ab. Aber das tut wohl nichts zur Sache bei dieser modernen Fabel, die immer wieder auf Hergés «Tim und Struppi» verweist. Da passt es auch gerade in mehrfacher Hinsicht, dass wir am Schluss des Films Hector nicht mit seiner Frau zusammen sehen (und dies trotz Hochzeit) – nein, wir sehen ihn zusammen mit seinem lange verstorbenen Hund. Ob es sich hier – in Anlehung an Slavoj Zizeks Analyse von Tarkowskijs «Soljaris» – um einen radikal antifeministischen Schluss handelt? Die Intention ist das hier wohl nicht, eher will Chelsom wohl zeigen, dass Hector nun ein erwachsener Mann ist. Zuerst sehen wir nämlich Hector als Kind neben seinem Hund. Aber im Grunde genommen zeigt dieser Schluss eben doch, wie sehr der Film in kindlichen Fantasien verweilt, bis an den Schluss. Aber vielleicht ist das eben die Natur des Märchens. So – der Film befriedigt nämlich weder als Komödie noch als Drama – müssen wir den Film auch akzeptieren: als Märchen. Und ein Märchen ist eben immer kindisch – oder zumindest kindlich.

«Hector and the Search for Happiness». Deutschland/Kanada 2014. Regie: Peter Chelsom. Mit Simon Pegg, Rosamunde Pike, Stellan Skarsgaard, Jean Reno, Toni Collette u.a. Deutschschweizer Kinostart: 28.8.2014.


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