Tier und Mensch – D. J. Harpers «Woodwalkers»

Die Verfilmung von Katja Brandis’ Fantasy-Reihe bietet solide Unterhaltung für Jugendliche. Thematisch ist der Film dabei nahe am Puls der Zeit; der Konflikt zwischen Mensch und Woodwalkers erinnert an die X-Men, aber auch an Extinction Rebellion und andere radikale Bewegungen.

Jay ist eine Art Findelkind. Seine Pflegefamilie ahnt nicht, dass er, der eigentlich Carag heisst, ein Woodwalker ist, sowohl Mensch als auch Tier. Die Leiterin der Clearwater High School weiss aber genau, was Jay ist – deshalb nimmt Mrs. Clearwater ihn auch auf in ihre Schule …

Wie bei den X-Men geht es hier um den Konflikt zwischen den Menschen, die etwas anders sind – Mutanten hier, Woodwalker dort. Und wie bei den X-Men gibt es auch unter den Woodwalkern Kräfte, die sich nicht länger von den Menschen herumschubsen lassen wollen. Bei den X-Men ist all dies sicherlich eine Anspielung auf die Bürgerrechtsbewegung: Professor X, der Gemässigte, wirkt dabei eher wie Martin Luther King, der radikale Magneto lehnt sich an Malcolm X an. Bei Katja Brandis – der Film basiert auf ihrer beliebten Jugendbuchreihe – sind die Radikalen vielleicht eher vergleichbar mit Ökoterroristen oder auch Extinction Rebellion.

Der Film und die Bücher erzählen also eigentlich aus der Sicht der Menschen, die vielleicht Angst vor der Natur (nicht zuletzt ihrer eigenen) haben – in beiden Fällen aber sind die Stoffe ideologisch eher linksliberal zu verorten; die Angst vor den Radikalen wird hier wie dort ziemlich klar dargestellt. So können sich auch die meisten Leserinnen und Zuschauer identifizieren mit den Reihen. Und natürlich handelt es sich in beiden Fällen um Reihen: Weitere Filme sind bereits geplant. Ob «Woodwalkers» aber so erfolgreich wird wie die X-Men? Das ist nun höchst unwahrscheinlich; einerseits, weil die Woodwalkers noch nicht weltweit bekannt sind, andererseits, weil sich die Woodwalkers ausschliesslich an ein jugendliches Publikum richten.

Premiere hat der Film denn auch am ZFF gefeiert, im Rahmen der Reihe «ZFF für Kinder». Der Film wird auch sicher Zuspruch finden bei seiner Zielgruppe; und die Kids werden sich auf die weiteren Teile freuen. Manche freuen sich sicher auch auf ein Wiedersehen mit den Figuren, die sie bereits aus den Büchern kennen. Gefilmt wurde übrigens in Deutschland, Österreich und Italien – und dies, obwohl der Film in den USA spielt.

Das ist ein Amerika wie bei Karl May … der deutsch-amerikanische Regisseur Damian John Harper hat allerdings wirklich mehr als nur einen starken Bezug zu den USA und wurde auch in Boulder (Colorado) geboren. Er hat dort schon oft gedreht; sein Film «Los Ángeles» erzählt von der geplanten Migration eines Indigenen aus dem Süden Mexikos, aus einem zapotekischen Dorf, in die USA.

Die Bandbreite dieses Regisseurs ist also schon mal beeindruckend – ob er aber mit den «Woodwalkers» wirklich glücklich wird? Das Schönste für einen Filmemacher ist aber eben genau dies: Filme zu machen. Und weshalb nicht auch ein Film für Kinder? Das war bei Xavier Koller nicht anders, der mit «Reise der Hoffnung» bekannt wurde, dann aber in den USA einen Kinderfilm für Disney inszeniert hat.

 

«Woodwalkers». Deutschland/Österreich 2024. Regie: Damian John Harper. Mit Emile Chérif, Lilli Falck, Emil Bloch, Oliver Masucci, Martina Gedeck u. a. Deutschschweizer Kinostart am 24. Oktober 2024.

 


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