Warum Gloria in den Osten aufbrach – Nacho Vigalondos «Colossal»

Der spanische Regisseur Nacho Vigalondo brilliert mit einem einzigartigen Film irgendwo zwischen «Pacific Rim» (oder «Godzilla»?) und «Being John Malkovich»: die Geschichte einer Frau, die in die Vergangenheit zurückgeworfen wird und erst im Osten ihre wahre Bestimmung findet.

Gloria (Anne Hathaway, «Les Misérables») war Bloggerin in New York, doch da ihr Freund Tim (Dan Stevens, «Beauty and the Beast») sie verlassen hat, kehrt sie in das Haus ihrer Eltern in der Provinz zurück. Barbetreiber Oscar (Jason Sudeikis, «Downsizing») ist ein alter Freund aus der Primarschule. Dieser offeriert ihr nicht nur einen Job in seinem Etablissement, sondern hilft ihr auch mit der Einrichtung ihrer neuen Wohnung. Nach einer Nacht merkt Gloria aber, dass etwas Seltsames vor sich geht: in Seoul wütet ein riesiges Monster – und bald stellt sich heraus, dass dieses von Gloria selber kontrolliert wird…

Der in Cabezón de la Sal geborene spanische Regisseur Nacho Vigalondo («Timecrimes», «Open Windows») legt mit «Colossal» einen teilweise geradezu unheimlich originellen Film vor, der viel Raum für die Interpretation offenlässt. Ist es der Graben zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd, der hier verhandelt wird? Oder doch eher Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau? Oder handelt es sich mehr noch um eine Hommage an die Kaiju-Monster der 80er Jahre? Oder um eine Warnung vor dem Botellón und anderen alkoholischen Exzessen? Der vielschichtige Film nach einem Drehbuch von Vigalondo selbst ist all dies und noch mehr.

Dabei geht es natürlich weniger darum, wie glaubhaft der Plot eigentlich ist – wer sich zu sehr darauf konzentriert, wird das Kino wohl unbefriedigt verlassen. Aber dies ist ja bei «Being John Malkovich», «Godzilla» oder «Pacific Rim» auch der Fall – bei jedem Film, bei dem fantastische Elemente eine wichtige Rolle spielen. Interessant dabei ist der witzige Seitenhieb gegen Wes Anderson – sicher macht Vigalondo Filme, die nur wenig am Hut haben mit dem (ebenfalls grossartigen) Andersonschen Kosmos. Trotzdem sind sowohl Andersons Filme als auch «Colossal» sind dabei echt globale Filme. «Colossal» ist eine amerikanisch-kanadisch-spanisch-südkoreanische Kopoduktion, während etwa «Grand Budapest Hotel» eine deutsch-amerikanische Produktion ist und «The Darjeeling Limited» wie «Colossal» teilweise in Indien spielt. Während aber Anderson etwa in Indien doch eher unkritisch, fast kolonial agiert, stellt Vigalondos Film nicht zuletzt die Frage: soll der Westen den Schaden, den er im Osten und Süden anrichtet, vielleicht selber korrigieren? Mehr sei hier aber nicht verraten. Ausser dies: Glorias Reise führt sie aber am Schluss nicht zurück nach New York, sondern nach Asien…

«Colossal». USA/Kanada/Spanien/Südkorea 2016. Regie: Nacho Vigalondo. Mit Anne Hathaway, Dan Stevens, Jason Sudeikis, Austin Stowell, Tim Blake Nelson u.a. Premiere am 23. März 2018 im B-Movie, www.b-movie.ch

 


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